ZVK Steinmetz – müssen Restauratoren Beiträge bezahlen?
Steinmetzbetriebe müssen in die Sozialkasse ihres Handwerks einzahlen. In ihrem Fall ist das die ZVK Steinmetz (Zusatzversorgungskasse des Steinmetz- u. Steinbildhauerhandwerks) in Wiesbaden. Doch längst nicht alle Unternehmen, die ihren Schwerpunkt in der Bearbeitung von Stein, Gips und ähnlichen Materialien haben, sind beitragspflichtig.
Regelmäßig für Streit sorgt etwa die Frage, ob Restauratoren Sozialkassenbeiträge bezahlen müssen. In einem solchen Fall kassierte die ZVK vor kurzem eine Niederlage: Ein Restaurator mit abgeschlossenem Studium muss keine Beiträge an die ZVK Steinmetz bezahlen, entschied das Landesarbeitsgericht Hessen. Seine Restaurierungsarbeiten wurden als freiberufliche Tätigkeit eingeordnet, nicht als sozialkassenpflichtiges Handwerk.
Diplomrestaurator verweigert der Sozialkasse Steinmetz Bruttolohn-Auskünfte
Ausgelöst wurde der Rechtsstreit, als die ZVK Steinmetz vom Betrieb eines Diplomrestaurators Auskunft forderte: Der Inhaber sollte die Bruttolöhne für vier Jahre offenlegen. Solche Auskunftsbegehren sind für die Sozialkassen häufig der erste Schritt. Unternehmen, die unbedacht Auskunft erteilen, geben damit oft einen wichtigen Rechtsvorteil auf und liefern der Sozialkasse eine Anspruchsgrundlage. Diesen Fehler beging der Restaurator nicht: Er verweigerte die geforderten Auskünfte.
Der Inhaber hatte an einer Fachhochschule Restaurierung studiert. Sein Betrieb, in dem er neben Restauratoren mit akademischer Ausbildung studentische Praktikanten beschäftigte, war nicht in die Handwerksrolle eingetragen. Er sah sich als Freiberufler und war Mitglied im VDR, dem Verband der Restauratoren.
Restaurierung und Konservierung
Spezialisiert war das Unternehmen auf die Restaurierung und Konservierung von Objekten mit kunsthistorischer oder denkmalpflegerischer Bedeutung vorwiegend aus Sandstein, Marmor oder Granit: Skulpturen, Denkmäler, Fassaden sowie Brunnen, aber auch Büsten und Briefbeschwerer, die in Ausstellungen gezeigt werden sollten. Vor Beginn der eigentlichen Restaurierung und Konservierung mussten diese Objekte zunächst vorsichtig gereinigt und die Schäden genau festgestellt werden. Das geschah zum Beispiel mit chemischen Testverfahren oder durch Begutachtung unter dem Mikroskop.
Die Maßnahmen zur Steinkonservierung und -restaurierung bestanden typischerweise im Überziehen der Oberfläche mit mikrokristallinem Konservierungswachs oder dem Verfugen feiner Risse sowie Verkleben von Brüchen durch hydraulischen Zwei-Komponenten-Mörtel auf Epoxidharz-Basis (Steinkitt).
Betreibt der Restaurator ein Gewerbe?
Die Zusatzversorgungskasse vertrat die Ansicht, solche Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten gehörten zum Berufsbild des Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerks und würden vom VTV Steinmetz erfasst. (Dieser Tarifvertrag regelt die Beitragspflicht zur Sozialkasse des Steinmetzhandwerks.) Um wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeiten handle es sich nicht. Der Restaurator sah seine Arbeit dagegen als künstlerische und auch wissenschaftliche Tätigkeit. Er betreibe freiberuflich akademische Restauration auf Grundlage wissenschaftlicher Analysen.
Sowohl das Arbeitsgericht Wiesbaden wie auch das LAG Hessen als zweite Instanz entschieden für den Restaurator und gegen die ZVK Steinmetz. Dabei befasste sich das Landesarbeitsgericht mit der Frage, wann Restaurationsarbeiten handwerklich und damit beitragspflichtig zur Zusatzversorgungskasse sind, und wann nicht.
Nur gewerbliche Restaurierungsarbeiten sind beitragspflichtig
Das Landesarbeitsgericht bekräftigte zwar, dass Restaurierungen und Konservierungsarbeiten in Stein grundsätzlich zum Berufsbild von Steinmetzen und Steinbildhauern gehören. Solche handwerkliche Restaurierungsarbeiten sind dann sozialkassenpflichtig. Das Unternehmen des Restaurators war jedoch kein Handwerks- bzw. Gewerbebetrieb. Deshalb fiel er nicht in den Geltungsbereich des VTV Steinmetz.
Entscheidend: die wissenschaftlich-kunsthistorische Arbeitsweise
Für das Gericht zählte vor allem die „wissenschaftlich-kunsthistorische Herangehens- und Arbeitsweise“ des Restaurators. Im Handwerk, so die Richter, werde typischerweise nicht mit chemischen Analysen und Mikroskopen gearbeitet. Das gab den Ausschlag dafür, seine Arbeit als freiberuflich einzuordnen. Mit der Folge, dass keine Beiträge zur ZVK-Steinmetz anfielen.
Seine Hochschulbildung galt dabei als Indiz, weil sei für diese Art der Restaurationsarbeit erforderlich war. Außerdem habe der akademische Restaurator den historischen und kunsthistorischen Hintergrund viel stärker berücksichtigt. Weniger entscheidend war in diesem Fall der künstlerische Anspruch. (Dagegen ist beim BAG derzeit ein Fall anhängig, in dem es genau um diese Frage geht: Ist Restaurieren Kunst oder Gewerbe?)
Tarifvertragliche Sozialkassenpflicht oder nicht? Die Antwort hängt am Einzelfall
Wieder einmal zeigt sich: Die Sozialkassenpflicht entscheidet sich an konkreten Details des Einzelfalls, wie etwa der Ausbildung. Dazu können Fragen kommen, die sonst vor allem im steuerlichen Kontext auftauchen, wie die Abgrenzung von Gewerbe und freiem Beruf.
Fordern ZVK Steinmetz, SOKA-Bau oder andere privatwirtschaftliche tarifvertragliche Sozialkassen von Ihnen Beiträge?
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Fachanwalt für Steuerrecht. Das Sozialkassenrecht ist seit vielen Jahren einer seiner Tätigkeitsschwerpunkte. Er kann Ihnen die Rechtslage in Ihrem Fall erläutern. Sie erreichen Rechtsanwalt und Fachanwalt Dr. Meides unter MEIDES Rechtsanwälte, Frankfurt.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto stammt von Friedrich Haag, 2014 03 14 300 Restaurator Mallorca, CC BY 3.0. Herzlichen Dank!