Warum werden für die Montage von Industrieanlagen SOKA-Bau-Beiträge fällig?
Beitragsforderungen der Sozialkasse Bau
Ein Betrieb aus der Region Ulm, der Industrieanlagen montiert, stritt sich mit der Sozialkasse der Bauwirtschaft vor Gericht um Beitragsansprüche. Die SOKA-Bau verlangte mehr als 200.000 Euro. Sie sah das Unternehmen als Metallbau-Betrieb und als baugewerblich und beitragspflichtig.
Metallbau kann grundsätzlich unter den Sozialkassen-Tarifvertrag (VTV) fallen. Das Unternehmen stuft seine Tätigkeit jedoch als Industrieschlosserei und Anlagenmontage ein, keineswegs als baulich. Dennoch verlor es das Verfahren gegen die Sozialkasse, erst vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden, dann in der Berufung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main.
Schlosserarbeiten und Montage von Industrieanlagen
Das Unternehmen verwies vor Gericht darauf, dass es in den strittigen Jahren Anlagentechnik für ganz unterschiedliche Industrieanlagen montiert habe: Fördertechnik wie Rollbänder mit Siebanlagen für Glas-Recycling, Kranbahnen für Hallen- und Laufkräne, Mahlwerke für Kaolin, Abfüllanlagen für Naturdünger, dazu Gehäuse, Unterkonstruktionen, Laufstege und Geländer.
Den Betrieb leitete ein Maschinenbaumechaniker-Meister. Als Arbeitnehmer beschäftige er neben einem Ingenieur Mechaniker, Maschinenschlosser, einen Maschinendreher, Maschinen- und Anlagenmonteure sowie Karosserie- und Maschinenschlosser. Die Auftraggeber kamen aus der Industrie, unter anderem gehörten ein Automobilhersteller und der Betreiber eines Gasturbinenkraftwerks dazu.
Montage von Industrieanlagen als bauliche Leistung?
Entscheidend war zumindest in der zweiten Instanz, dass das Gericht die Tätigkeiten des Betriebs als bauliche Leistungen einordnete, die vom SOKA-Tarifvertrag erfasst würden.
Das LAG berief sich auf Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Demnach sind auch technische Anlagen Bauwerke, wenn sie auf dem Erdboden ruhen und aus Baustoffen oder Bauteilen bestehen. Schon das Arbeitsgericht Wiesbaden als erste Instanz hatte argumentiert, dass auch Industrieanlagen wie „Behältnisse, Fernleitungen, Heizungsanlagen und Maschinen“ Teil eines Bauwerks sein könnten.
Mitglied im Arbeitgeberverband der Metallindustrie?
Während dieses Zeitraums galten die Metall-Tarifverträge für das Unternehmen nicht. Das hätte den Betrieb sonst vor der SOKA-Beitragspflicht bewahren können. Die Allgemeinverbindlicherklärung des VTV nimmt Unternehmen aus, für die die Tarifverträge der Metall- und Elektro-Industrie gelten.
Zum Zeitpunkt des Urteils war der Betrieb auch tatsächlich Mitglied im Unternehmerverband Metall geworden. Doch in den strittigen Jahren bestand diese Mitgliedschaft noch nicht.
Industriell, nicht handwerklich geprägt?
Das Unternehmen hatte argumentiert, seine Tätigkeit sei industriell geprägt. Die Montage kompletter, mehr als 800 Tonnen schwerer Industrieanlagen und Anlagenkonstruktionen könne nicht handwerklich sein.
Doch auch dieses Argument brachte keinen Erfolg. Das Gewicht der montierten Anlagen akzeptieren die Richter nicht als Unterscheidungskriterium. Das Gleiche galt für den Umstand, dass Schlosser und Mechaniker beschäftigt wurden. Zudem war der Betrieb in die Handwerksrolle eingetragen.
Der Hinweis auf industrielle Prägung kann SOKA-Beitragsforderungen effektiv widerlegen – wenn er stichhaltig ist.
Fehlerhafte Selbstauskunft zur Gesamtarbeitszeit
Zu dem Fall gehört auch, dass dem Unternehmen ein häufig gemachter Fehler unterlief. Der Geschäftsführer hatte zunächst gegenüber der SOKA-Bau folgende Angaben zu den Gesamtarbeitszeiten im Betrieb gemacht: 70 Prozent Stahlbaumontage, 20 Prozent Anlagenmontage und 5 Prozent Schlosserarbeiten.
Stahlbaumontage ist grundsätzlich eine SOKA-pflichtige Tätigkeit. Später korrigierte das Unternehmen die Arbeitszeit-Aufteilung. Die ursprüngliche Selbstauskunft sei fehlerhaft gewesen, weil der Geschäftsführer dabei nicht zwischen Stahlbau und Anlagenbau differenziert habe.
Nach der korrigierten Aufstellung entfielen auf Anlagenmontagen zwischen 42 und 70 Prozent der Gesamtarbeitszeit, auf Montage von Einhausungen und Unterkonstruktionen zwischen 15 und 44 Prozent, auf Montage von Kranbahnanlagen zwischen 3 und 29 Prozent und auf Schlosserarbeiten an den Anlagen zwischen 6 und 12 Prozent.
Dieser Fehler gab dem Verfahren zwar nicht die entscheidende Wendung. Aber er war für die SOKA-Bau eine unverhoffte Steilvorlage, um Forderungen zu stellen.
SOKA-Bau? Rechtzeitig vorbereiten und klug reagieren
Der Fall zeigt zwei wichtige Dinge:
- Industriemontage- und Schlossereibetriebe müssen klug reagieren, wenn die Sozialkasse Forderungen stellt. Der einfache Verweis auf die eigene Tätigkeit ist nicht genug.
- Besonders schädlich sind voreilige Selbstauskünfte im Glauben, das Missverständnis werde sich schon aufklären. Undbedachtes Agieren führt regelmäßig direkt in die Beitragspflicht. Besser: Sämtliche Angaben mit einem auf Sozialkassenverfahren spezialisierten Anwalt abstimmen.
- Betriebe, die mit der Montage von Industrieanlagen zu tun haben, sollten sich beraten lassen, bevor die SOKA-Bau sich meldet. Dann lassen sich schon im Vorfeld die entscheidenden Weichen stellen.
Anwalt Dr. Meides ist der richtige Ansprechpartner für praxisnahe Beratung. Er vertritt seit vielen Jahren Unternehmen gegenüber der Sozialkasse. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Fachanwalt für Steuerrecht weiß er, welche Lösungen in der Praxis funktionieren. Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.
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