Verjährt ist verjährt: das Bundesarbeitsgericht zur Verjährung des Beitrags der SOKA-Bau / ULAK
Forderungen der Sozialkasse sollte man genau prüfen
Die tarifliche Sozialkasse des Baugewerbes, die SOKA-Bau, treibt eifrig bei Unternehmen Beiträge ein, unter anderem für die tarifliche Urlaubskasse (ULAK). Viele der Betriebe, die sich plötzlich mit SOKA-Beitragsforderungen konfrontiert sehen, würden sich keinesfalls dem Baugewerbe zurechnen. Manche haben zuvor noch nie von der SOKA gehört.
Unterschätzen sollte man die SOKA und ihre Ansprüche jedoch keinesfalls. Sie ist bekannt dafür, Forderungen sehr schnell auch vor den Arbeitsgerichten durchzusetzen. Unbesehen zu bezahlten, ist allerdings genauso falsch. Denn längst nicht jede Beitragsforderung ist auch gerechtfertigt.
- In manchen Fällen fallen die Betriebe, um die es geht, gar nicht unter den VTV. Das Kürzel „VTV“ steht für Verfahrenstarifvertrag für das Baugewerbe und ist die Grundlage für Beitragsansprüche der tarifvertraglichen Sozialkasse (SOKA).
- In anderen Fällen kann es sein, dass die Forderung aus formalen Gründen einer juristischen Prüfung nicht standhält: dann zum Beispiel, wenn sie bereits verfallen oder verjährt ist.
Die SOKA fordert über zwei Millionen Euro an Beitragsnachzahlungen
Auch ein Betrieb aus Nordrhein-Westfalen sollte zahlen. Es ging um die Nachzahlung von Sozialkassenbeiträgen für 267 Arbeiter und rund zwei Jahre, ein Betrag von über zwei Millionen Euro.
Die Sozialkasse, die die tatsächlichen Löhne der Mitarbeiter nicht kannte, schätzte ihre Forderungen auf Grundlage der statistischen Durchschnittslöhne. Das ist ihr übliches und von den Arbeitsgerichten akzeptiertes Verfahren. Es führt allerdings dazu, dass gerade für nicht tarifgebundene Arbeitgeber oft noch mehr Geld auf dem Spiel steht als ohnehin schon.
Die SOKA-Bau verklagte das Unternehmen vor dem Arbeitsgericht an ihrem Sitz in Wiesbaden. Das Unternehmen verwies vor Gericht unter anderem darauf, dass die SOKA-Beitragsforderungen bereits verjährt seien – es erhob „die Einrede der Verjährung“. Das Verfahren ging zum Landesarbeitsgericht Hessen in Frankfurt am Main und weiter zum Bundesarbeitsgericht nach Erfurt.
Bundesarbeitsgericht zur Verjährung des Beitrags der SOKA-Bau
Als Teil seiner Entscheidung zu der Sache befasste sich das oberste deutsche Arbeitsgericht auch mit der Frage, ob die Forderungen verjährt waren. Der VTV sieht eigene Verfalls- und Verjährungsfristen vor. Seit der Fassung ab 2019 beträgt die Verjährungsfrist wie auch die Verfallsfrist grundsätzlich drei Jahre.
In den für diesen Fall ausschlaggebenden Tarifverträgen von 2009 und 2012 war die Verjährungs- und Verfallsfrist noch auf vier Jahre verlängert. Diese Länge der Verjährung war gemäß dem BAG damals auch wirksam. Die Forderungen gegen das Unternehmen bezogen sich auf die Jahre 2011 und 2012. Fällig wurden sie im Jahr 2012. Mit der Fälligkeit beginnen Verfalls- und Verjährungsfristen zu laufen. Damit war klar: die SOKA-Bau musste die Forderungen bis zum Ende des Jahres 2016 geltend machen, danach wären sie verjährt. Deshalb reichte die Sozialkasse am 28. Dezember 2016 ihre Klage beim Arbeitsgericht ein – gewissermaßen kurz vor Toresschluss.
Diese Klageeinreichung war allerdings nicht verjährungshemmend. Das lag an der zu allgemeinen Formulierung: Die SOKA-Bau benannte nur „Beitragsforderung(en) für gewerbliche Arbeitnehmer: Dezember 2011 bis November 2012“. Das war für die Richter des BAG kein identifizierbarer Anspruch: Die Sozialkasse hätte die auf die jeweiligen Kalendermonate anfallenden Beiträge der Höhe benennen müssen, damit das beklagte Unternehmen sehen konnte, „worum es geht“.
Als die SOKA-Bau dies im Sommer 2017 nachholte, war es zu spät. Der nachgereichte Schriftsatz konnte die Verjährung nicht mehr hemmen.
SOKA-Beitragsnachforderungen: Schriftsätze auf Verjährung und Verfall hin kontrollieren
Wenn die Sozialkasse der Bauwirtschaft Forderungen erhebt, steht zunächst eine genaue Prüfung an: Sind diese Forderungen überhaupt noch durchsetzbar sind oder bereits verjährt? Dafür reicht der Blick auf den Kalender nicht aus. Die Schriftsätze der SOKA müssen inhaltlich im Detail geprüft werden. Sind die in einem Klageantrag aufgestellten Forderungen zu allgemein gehalten und damit aus prozessrechtlicher Sicht nicht identifizierbar, dann hemmt er die Verjährung nicht.
Verfall und Verjährung des Beitrags gemäß Sozialkassen-Tarifvertrag
Der VTV unterscheidet in seiner aktuellen Fassung nicht nur zwischen Verfallsfristen und Verjährungsfristen. Es gelten auch verschieden Fristen für verschiedene Fälle. Für alte Forderungen mit Fälligkeit bis 2014 gelten längere Verfalls- und Verjährungsfristen.
Umgekehrt müssen Arbeitgeber sich mit ihren Forderungen gegen die SOKA-Bau dagegen beeilen, jedenfalls soweit es um Erstattungsanträge für Urlaubsvergütungen geht: diese Erstattungsforderungen verfallen grundsätzlich spätestens mit dem September des Folgejahres, außer bei rückwirkend veranlagten Beiträgen. Einmal eingereicht, lässt sich die ULAK mit der Erstattung erfahrungsgemäß gern einmal Zeit – außer, man sorgt für Beschleunigung.
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