SOKA-Pflicht für das Flamm- und Kugelstrahlen von Industrieböden?

Ist das Kugelstrahlen von Industrieböden eine beitragspflichtige Bautätigkeit?

Wenn ein Unternehmen den Fußboden für eine Industriehalle neu verlegt, dann gilt dafür in der Regel Beitragspflicht zur SOKA-Bau, der Sozialkasse der Bauwirtschaft. Reinigt ein Unternehmen die Fußböden dagegen nur, ohne Zusammenhang mit Bauarbeiten, besteht in der Regel keine Sozialkassenpflicht. Doch was gilt, wenn Industriefußböden durch Kugelstrahlen, Flammstrahlen oder Hochdruckwasserstrahlen bearbeitet werden? Ist das eine SOKA-pflichtige Maßnahme zur Sanierung der Industriehalle als Bauwerk? Oder handelt es sich eher um eine Grundreinigung des Fußbodens ohne Beitragspflicht? Um diese Frage geht es in einem Verfahren, das schon zwei Instanzen beschäftigt hat und nun beim Bundesarbeitsgericht anhängig ist.

Flammstrahlen und Kugelstrahlen von Industrieböden

Für eine Industriehalle wird normalerweise ein glatter, fugenloser, schlag- und kratzfester, abriebbeständiger Industrieboden erforderlich. Um eine ausreichende Haftzugfestigkeit der Oberfläche zu garantieren, muss der Untergrund des Industriebodens aus Beton oder Estrich für den Oberbelag vorbereitet werden. Oft geschieht das durch Kugelstrahlen, als Alternative zum Fräsen oder Schleifen des Bodens. Beim Kugelstrahlen wird durch eine Spezialmaschine Strahlgranulat oder ein anderes Strahlmittel auf den Untergrund geschleudert. Das sorgt bei vergleichsweise geringer Staubentwicklung für einen ebenen, fein aufgerauten Untergrund. Kugelstrahlen wird nicht nur zur Vorbereitung von Böden zur Weiterbehandlung durchgeführt. Damit lassen sich auch Verschmutzungen oder Beschichtungen entfernen.

Das Flammstrahlen ist eine andere Art, Kontaminationen und Verschmutzungen von Betonböden zu entfernen sowie deren Struktur für eine Beschichtung zu verbessern. Eine Brenngasflamme heizt die Oberfläche des Bodens kurzfristig sehr stark auf. Dadurch platzt dieser ab, während Beschichtungen und Schmutzreste verbrennen oder verdampfen. Ruß und Staub werden anschließend durch Bürsten beseitigt.

Strahlen, schleifen, fräsen – und zahlen?

Das Unternehmen, um das es hier geht, ist auf Kugelstrahlen, Feuchtmittelstrahlen, Flammenstrahlen sowie Schleif- und Fräsarbeiten spezialisiert. Neben Fassaden und Brücken bearbeitet es besonders Böden in Industriehallen und Parkhäusern, um sie zu reinigen und zur Beschichtung vorzubereiten.

Das sah die SOKA-Bau als Beton- und Betonsanierungsarbeiten und damit als bauliche Tätigkeit an. Sie verlangte Beitragsnachzahlungen für fünf Jahre in Höhe von mehr als 350.000 Euro. Der Betrieb sah es anders: Das Flammstrahlen und Kugelstrahlen stelle eine Reinigungstätigkeit dar und diene in erster Linie optischen Zwecken.

Flammstrahlen und Kugelstrahlen als Steinmetzarbeiten?

Vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden hatte der Strahlbetrieb wenig Erfolg: Es handle sich um Betonschutz- und Betonsanierung, die unter den VTV-Bau fielen, so dessen Entscheidung. In der Berufung zum Landesarbeitsgericht Hessen brachte das Unternehmen ein neues Argument vor: Bei dem Flamm- und Kugelstrahlen der Betonböden handle es sich um Steinmetzarbeiten, die im VTV-Bau von der Beitragspflicht ausdrücklich ausgenommen werden.

(Diese Argumentation klingt weniger erstaunlich, wenn man weiß, dass das Bundesarbeitsgericht genau diese Einordnung für das Verlegen quarzsandbeschichteter Fußböden ins Spiel gebracht hat, mehr dazu im Beitrag „SOKA-Bau-Pflicht für das Verlegen von Fußböden?“).

Kugelstrahlen als bauliche Leistung

Die Richter am LAG sahen das Kugelstrahlen und das Flammstrahlen zunächst einmal – unabhängig von dem bearbeiteten Untergrund – als bauliche Leistung, die über das „bloße Reinigen“ hinausgehe.

Das Argument, es handle sich dabei um Steinmetzarbeiten, wollten sie ebenfalls nicht gelten lassen. Dazu hätten die Arbeit unter den für das Steinmetzhandwerk einschlägigen Tarifvertrag (TV-Steinmetz) fallen müssen. Dafür komme es auf die Art der zu behandelnden Untergründe an. Der TV-Steinmetz erfasse jedoch keine Arbeiten, die sich auf Beton-, Stahl oder Estrichböden oder Asphalt bezögen.

Noch ist alles offen

Allerdings ist der Fall noch nicht geklärt – er liegt jetzt beim Bundesarbeitsgericht. Wie dessen Richter die SOKA-Beitragspflicht von Kugelstrahl- und Flammstrahlarbeiten beurteilen, bleibt abzuwarten.

Ohnehin sollte man nicht den Fehler begehen, sich bei der Frage der Sozialkassenpflicht des eigenen Betriebs nur auf bestimmte Einzelfragen zu konzentrieren, etwa „Reinigung oder Instandsetzung?“ oder „Steinmetzarbeiten oder Betonsanierung?“ Für die SOKA-Pflichtigkeit können sehr viele Aspekte ausschlaggebend sein – und selbst bei zwei Unternehmen der gleichen Branche können unterschiedliche Gesichtspunkte entscheiden. Das zeigt schon die Tatsache, dass das Landesarbeitsgericht der Frage, welche Böden genau bearbeitet wurden, großes Gewicht beimaß.

Die Beratung durch einen auf Sozialkassenrecht spezialisierten und im Umgang mit der SOKA erfahrenen Rechtsanwalt ist deshalb mit Sicherheit ein kluger Schritt.

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