Mobile Konzertbühnen und die SOKA-Gerüstbau
Aufbau großer Open-Air-Konzertbühnen: Dafür will die SOKA-Gerüstbau Beiträge
Das Bundesarbeitsgericht verurteilte einen Event-Dienstleister, der Bühnen für Open-Air-Konzerte bekannter Bands und Musiker errichtet, zur Beitragszahlung an die tarifliche Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes. Der Fall zeigt: ohne wohlüberlegte juristische Strategie haben solche Betriebe gegenüber der Sozialkasse wenig Chancen.
Das Aufstellen der mobilen Konzertbühnen fällt dem Urteil zufolge unter den Gerüstbau. Weil der Sozialkassentarifvertrag für alle Betriebe verbindlich ist, die überwiegend mit Tätigkeiten des Gerüstbaugewerbes befasst sind, musste der Arbeitgeber SOKA-Beiträge von mehr als 120.000 Euro nachzahlen. Das entsprach den Beiträgen einer Zwölfmonatsfrist für 21 gewerbliche Arbeitnehmer sowie 23 technische und kaufmännische Angestellte.
Die Klage gegen den Bühnen-Dienstleister hatte den typischen Weg genommen. Erste Instanz war das Arbeitsgericht Wiesbaden, dort hat die SOKA-Gerüstbau ihren Sitz. Es entschied gegen den Betrieb. Auch das Hessische Landesarbeitsgericht sprach der Sozialkasse die Beiträge zu. Dagegen legte das Unternehmen Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt ein, hatte jedoch erneut keinen Erfolg.
Konzertbühnen als „Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik“?
Welche Arbeitgeber Beiträge zur SOKA-Gerüstbau zahlen müssen, ist im Verfahrenstarifvertrag (VTV-Gerüstbau) geregelt. Der VTV-Gerüstbau wurde vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt. Er gilt deshalb auch für Arbeitgeber, die ansonsten nicht tarifgebunden sind.
Der Geltungsbereich des Tarifvertrags umfasst, so wörtlich, „Betriebe des Gerüstbauerhandwerks“. Dazu zählt das Tarifvertragswerk auch „Betriebe, die gewerblich Gerüstmaterial bereitstellen“. Als Gerüste gelten „alle Arten von Arbeits-, Schutz- und Traggerüsten, Fahrgerüste und Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik.“
Als eben solche „Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik“ wurden die mobilen Bühnenkonstruktionen des Event-Dienstleisters eingeordnet, zunächst von der SOKA-Gerüstbau, schließlich auch vom Bundesarbeitsgericht. Der Bühnenanbieter setzte zwar keine Gesellen oder gar Meister des Gerüstbauerhandwerks ein, um in Arenen, Stadien und an anderen Veranstaltungsorten seine Stahlbaukonstruktionen mit Turm- und anderen Aufbauten aufzustellen. Das änderte jedoch nichts an der Sichtweise des BAG.
Das BAG wiederholt seinen bekannten Standpunkt
Die Richter am BAG bemängelten an der Revision bereits den Berufungsantrag zur zweiten Instanz. Der sei nicht ordnungsgemäß begründet worden und habe nur die Argumentation des beklagten Unternehmens aus der ersten Instanz wiederholt: mobile Bühnen seien keine Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik. Warum diese Zuordnung falsch sei, habe der Berufungsantrag jedoch nicht erkennen lassen. Deshalb sei schon die Berufung unzulässig gewesen.
Auch in der Sache unterstützte das BAG die Darstellung der Sozialkasse. Es verwies darauf, dass mobile Bühnen typischerweise mit Gerüstmaterial erstellt werden, das auch bei Baugerüsten verwendet wird, d. h. Aluminium- oder Stahlrohre sowie Verbindungselemente. Dass für mobile Bühnen andere baurechtliche Vorschriften sowie DIN-Normen gelten als für Baugerüste, wollte das BAG nicht als Gegenargument gelten lassen. Bühnenbau sei Teil der Meisterprüfung für Gerüstbauer und damit Teil dieses Handwerks.
Es kommt auf sozialkassenrechtliche Argumente an – nicht auf Common Sense
Wie so oft bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten um tarifliche Sozialkassen ist die juristische Sichtweise, mit der Arbeitsgerichte den Sachverhalt sehen, weit entfernt von der Lebenswelt der Betroffenen. Für Praktiker mögen der Bühnen- und Tribünenbau für Großevents einerseits und das Stellen von Baugerüsten für Fassadenarbeiten andererseits zwei unterschiedliche Branchen sein. Diese am Arbeitsalltag ausgerichtete Sichtweise war für die Gerichte jedoch ohne Belang.
Schon seit 2019 sieht das Bundesarbeitsgericht mobile Bühnen als Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik und begründet so die Beitragspflicht zur SOKA-Gerüst. (Wir hatten über das damalige Urteil zu einem Mobilbühnen-Verleih berichtet.) Die Revisionsbegründung lässt deutlich anklingen, dass das Gericht auf Seiten des beklagten Betriebs eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser vom Arbeitsgericht wiederholten Position vermisste.
Wer erfolgreich Beitragsansprüche der SOKA-Gerüst und anderer Sozialkasse abwehren will, benötigt eine tarifvertragsrechtlich stichhaltige Argumentation. Dann ist der Erfolg vor Gericht durchaus möglich. Das zeigt beispielsweise der Fall eines Betriebs, der Bauaufzüge aufstellt. Er konnte die Forderungen der Sozialkasse-Gerüst erfolgreich abwehren.
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