Massenentlassungen: wie sind die Voraussetzungen zur Kündigung von mehreren Mitarbeitern?

Arbeitgeberpflichten bei Massenentlassungen

Durch die Corona-Krise werden in vielen Unternehmen Entlassungen unvermeidlich. Sobald mehrere Kündigungen innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit erfolgen, werden die arbeitsrechtlichen Vorschriften zu sogenannten Massenentlassungen wichtig.

Viele Arbeitgeber unterschätzen diese Regelungen. Dann droht die Unwirksamkeit der Kündigungen, mit den bekannten Folgeproblemen und Folgekosten.

Bei Massenentlassungen hat der Arbeitgeber besondere Pflichten. Zunächst muss der Betriebsrat beteiligt werden. Außerdem ist vor dem Aussprechen der Kündigungen eine sogenannte Massenentlassungsanzeige bei der Agentur zwingend vorgeschrieben.

„Massenentlassungen“ beginnen schon ab sechs Kündigungen

Lassen Sie sich von dem Begriff nicht täuschen. Massenentlassungen im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ergeben sich auch in kleineren Unternehmen.

Dafür genügt es, wenn innerhalb von 30 Tagen

  • mehr als 5 Mitarbeitern gekündigt wird in einem Betrieb mit 20 bis 59 Arbeitnehmern
  • mindestens 10 Prozent der Belegschaft oder mehr als 25 Mitarbeitern gekündigt wird in einem Betrieb von 60 bis 499 Arbeitnehmern
  • Mindestens 30 Mitarbeitern gekündigt wird in Betrieben ab 500 Arbeitnehmern.

Für die Zählung werden Auszubildende und Praktikanten mitberücksichtigt. Teilzeitkräfte zählen nicht anteilig, sondern voll. Ausschlaggebend ist die Arbeitnehmerzahl des Betriebs, nicht die des Gesamtunternehmens. Die Frage, ob der nötige Schwellenwert erreicht ist, entwickelt rasch eine eigene Komplexität. So ist längst nicht immer auf Anhieb klar, was im konkreten Fall den Betrieb oder Betriebsteil ausmacht.

Ausnahmen

Nicht jede Kündigung zählt zum Schwellenwert bei Massenentlassungen mit. Ausgenommen sind:

  • fristlose Kündigungen
  • die Kündigung eines Vorstands oder Geschäftsführers
  • die Kündigung von leitenden Angestellte mit Personalbefugnis (Recht zu selbstständigem Einstellen oder Entlassen von Mitarbeitern)
  • auslaufende Zeitverträge

Dagegen können Aufhebungsvereinbarungen und vom Arbeitnehmer erklärte Kündigungen in die Berechnung mit einfließen. Entscheidend ist, ob die Initiative zur Trennung vom Arbeitgeber ausging.

Berücksichtigt werden außerdem auch Änderungskündigungen.

Die entscheidende 30-Tage-Frist

Für die 30-Tage-Frist bei Massenentlassungen ist nicht das Datum entscheidend, zu dem gekündigt wird. Ausschlaggebend ist vielmehr die Kündigungserklärung. Für die 30-Tage-Frist zählen Kalendertage, nicht die Werktage.

Arbeitgeber sollten vorausblickend planen. Wird durch geplante Kündigungen der Schwellenwert zur Massenentlassung fast erreicht, kann eine vorsorgliche Massenentlassungsanzeige sinnvoll sein. Sonst führt eine weitere, noch nicht absehbare Kündigung binnen der nächsten 30 Tage automatisch zur Unwirksamkeit auch der vorherigen Entlassungen durch eine verspätete Massenentlassungsanzeige.

Kündigungen staffeln?

Im Prinzip kann der Arbeitgeber die nötige Massenentlassungsanzeige umgehen, indem er die Aussprach der Kündigung zeitlich staffelt. Damit sind jedoch keineswegs alle Probleme beseitigt. Sieht ein Arbeitsgericht hinter den gestaffelten Kündigungen eine einheitliche Planung, kann eine Betriebsänderung vorliegen. Und damit kann die Pflicht zur Erstellung eines Sozialplans gelten.

Beteiligung des Betriebsrats bei Massenentlassungen

Bevor die Massenentlassungsanzeige bei der Arbeitsagentur eingereicht werden kann, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen. Dieser hat Anspruch auf umfassende Auskünfte zu den geplanten Entlassungen. In einem sogenannten Konsultationsverfahren beraten beide Seiten über Möglichkeiten zu deren Vermeidung.

Die Stellungnahme des Betriebsrats ist Teil der Massenentlassungsanzeige. Geben die Arbeitnehmervertreter keine Stellungnahme ab, darf der Arbeitgeber die Anzeige frühestens zwei Wochen nach Einschalten des Betriebsrats an die Arbeitsagentur übermitteln.

Die Massenentlassungsanzeige

Das Formular zur Massenentlassungsanzeige lässt sich auf der Website der Arbeitsagentur herunterladen. Auch eingereicht werden kann es online. Es umfasst eine ganze Reihe von Angaben: zum Betrieb, zu den gekündigten Personen und den jeweilige Kündigungsgründen, Angaben zur Berufsgruppe der betroffenen Mitarbeiter, zu den Auswahlkriterien für die Trennung und zu geplanten Abfindungen bzw. einem Interessensausgleich.

Arbeitgeber sollten diesen Schritt nicht nur als Formalität sehen: Fehlende oder fehlerhafte Pflichtangaben führen schnell zur Unwirksamkeit der Anzeige und damit der Kündigungen.

Fazit: Lassen Sie sich vom Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten

Bei Massenentlassungen haben Arbeitnehmer einige zusätzliche Angriffspunkte für ein Kündigungsschutzverfahren. Deshalb sollten Arbeitgeber diesen Schritt gut vorbereiten.

Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Er begleitet und berät Arbeitgeber in dieser schwierigen Situation.

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