LAG Düsseldorf: Wegen des Vorwurfs 14,99 EUR unterschlagen zu haben ist fristlose Kündigung unzulässig
Aus dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf war am 17.01.2012 die Stimme der Vernunft zu vernehmen. Nachdem das Arbeitsgericht Solingen bereits in der 1. Instanz erklärt hat, dass wegen des Vorwurfs 14,99 EUR unterschlagen zu haben keine fristlose Kündigung ausgesprochen werden darf, wurde diese Auffassung jetzt vom LAG Düsseldorf bestätigt.
Der Mitarbeiter war seit 1997 bei einem Abfallwirtschaftunternehmen als Verwieger an der Müllrampe beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte es u. a., sog. Wiegebelege zu erstellen. Jetzt wurde dem Mitarbeiter von seinem Arbeitgeber vorgeworfen, er habe von einem Privatkunden einmalig einen Betrag von 14,99 EURO vereinnahmt, aber nicht ordnungsgemäß verbucht haben. Die Quittung habe er deshalb nicht erteilt, um den Betrag selbst zu behalten.
Beweisen konnte der Arbeitgeber diesen Vorwurf jedoch nicht. Alleine aus der behaupteten Nichterteilung einer Quittung könne nicht auf eine Unterschlagung geschlossen werden, erklärte das Gericht. Ein dringender Taterdacht, der eine Verdachtskündigung hätte rechtfertigen können, sei vor allem schon deshalb nicht gegeben, weil das vom Arbeitgeber eingesetzte Buchungssystem störanfällig und ein exakter Abgleich zwischen Wiegebelegen und Kassenjournal nicht immer möglich gewesen sei.
Zudem ist hier wohl davon auszugehen, dass der Arbeitgeber die gebotene Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt hat. Wenn ein Arbeitsverhältnis 13 Jahre lang störungsfrei bestanden hat, dann rechtfertigt der bloße Verdacht einer Unterschlagung eines relativ geringen Betrages sicher keine Kündigung, vor allem dann nicht, wenn der Verdacht sich bei genauerem Hinsehen nicht erhärten lässt.
LAG Düsseldorf, 17 Sa 252/11, Urteil vom 17.01.2012.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass nicht auch sogenannte „Bagatellen“ eine Kündigung rechtfertigen können. Das Bundesarbeitsgericht wird nicht müde immer wieder zu betonen, dass auch geringwertige Vermögenspflichtverletzungen geeignet sein können, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. In einem Urteil aus dem Jahr 2010 erklärt das Gericht dazu:
„Begeht der Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann auch dann ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise gar keinem Schaden geführt hat.“