Kein gewerblicher Baubetrieb: Privater Bauherr schuldet der SOKA-Bau keine Beiträge
Kein gewerblicher Baubetrieb – keine Beitragsansprüche der Sozialkasse
Privatleute, die im Rahmen ihrer privaten Vermögensverwaltung ein Mehrfamilienhaus errichten und dafür selbst Arbeitskräfte einstellen, sind zwar Arbeitgeber. Trotzdem schulden sie der tariflichen Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau) keine Beiträge, solange sie keinen gewerblichen Baubetrieb unterhalten.
Mit dieser Entscheidung hat das Hessische Landesarbeitsgericht den Beitragsforderungen der SOKA-Bau an einen Privatmann eine klare Absage erteilt. Das Urteil ist auch für andere private Bauherren wichtig. Solange die Sozialkasse ihnen keine Gewerblichkeit nachweisen kann, besteht keine Beitragspflicht.
Fast 325.000 Euro SOKA-Beiträge als Bauherr von zwei Häusern?
Ein Familienvater stellt für private Bauprojekte seiner Familie mehrere Arbeitskräfte ein. Zunächst wird ein Mehrfamilienhaus auf einem Grundstück gebaut, das seinen Töchtern gehört. Dann folgt ein zweites Mehrfamilienhaus auf einem Grundstück seiner Ehefrau. Der Ehemann ist auf den Baustellen präsent, nimmt Materiallieferungen entgegen und übermittelt den Arbeitern Anweisungen.
Es gibt keine schriftlichen Arbeitsverträge. Die Arbeitskräfte werden geringfügig beschäftigt und so auch zur Sozialversicherung gemeldet. Als Arbeitgeber tritt zunächst der Ehemann auf, später werden die Arbeitskräfte den Töchtern und dann der Ehefrau zugeordnet. Zwei Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung enden ohne Beanstandungen. Der Ehemann ist selbst als Arbeitnehmer berufstätig. Ein Gewerbe hat er nicht angemeldet.
Die SOKA-Bau wird vom Zoll nach einer Prüfung auf den Mann aufmerksam gemacht. Sie verlangt Beitragsnachzahlungen für zehn gewerbliche Arbeitnehmer, insgesamt fast 325.000 Euro für knapp dreieinhalb Jahre. Sie begründet ihre Forderung damit, dass der Ehemann Arbeitgeber sei und einen gewerblichen Baubetrieb führe. Der bestreitet diese Darstellung und verweigert die Zahlung. Die Sache geht vors Arbeitsgericht.
Das Landesarbeitsgericht Hessen sagt: Arbeitgeber ja, gewerblicher Betrieb nein
Das Arbeitsgericht in Wiesbaden, am Sitz der SOKA-Bau, entschied, der Ehemann sei nicht Arbeitgeber gewesen. Deshalb verwarf es die Ansprüche der Sozialkasse. Die SOKA ging daraufhin in Berufung, nahm allerdings ihre Klageforderung auf einen Betrag von nur noch etwas mehr als 80.000 Euro zurück und beschränkte die Klage auf den Bau des ersten Hauses.
Das Hessische Landesarbeitsgericht kam zu einer etwas anderen Einschätzung als die Vorinstanz. Seiner Meinung nach war der Mann zwar der Arbeitgeber für die Arbeiter, die auf den Baustellen zum Einsatz kamen. Es ging auch davon aus, dass sie bauliche Tätigkeiten im Sinne des VTV verrichteten – der VTV ist der Tarifvertrags über das Sozialkassenwesen in der Bauwirtschaft.
Allerdings führte der Ehemann nach Auffassung des LAG keinen gewerblichen Betrieb. Und nur von Betrieben des Baugewerbes kann die Sozialkasse der Bauwirtschaft Beiträge fordern.
Hinweise des LAG zur Arbeitgebereigenschaft
Für die Arbeitgebereigenschaft des Mannes genügte es, dass Arbeitsverträge mit ihm bestanden, selbst wenn diese nur mündlich geschlossen worden waren. Diese Verträge gaben dem Mann das Recht, Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Arbeit zu bestimmen. Das ist typisch für ein Arbeitsverhältnis, bei dem die Beschäftigten nicht selbst über ihre Tätigkeit und die Arbeitszeit bestimmen.
Somit sprach es für den Arbeitgeberstatus, dass der Mann auf der Baustelle Anweisungen gab. Die Tatsache, dass er die Anmeldungen bei der Minijob-Zentrale und der Berufsgenossenschaft Bau vorgenommen hatte, waren weitere Indizien. Außerdem war er es, der dem Hauptzollamt Arbeitszeitnachweise für die auf der Baustelle angetroffenen Arbeiter einreichte und später einem der Beschäftigten kündigte.
Das LAG verneint einen gewerblichen Betrieb
Die Arbeitgebereigenschaft genügte jedoch noch nicht, um eine Beitragspflicht gegenüber der SOKA-Bau zu begründen. Dazu musste außerdem ein gewerblicher Betrieb vorliegen. Einen solchen konnte das Landesarbeitsgericht nicht erkennen.
Das Bundesarbeitsgericht hat vor einiger Zeit die Voraussetzungen für Gewerblichkeit gelockert. Seither kann ein gewerblicher Baubetrieb selbst dann vorliegen, wenn damit keine Gewinne erzielt werden sollen. In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es um eine GmbH, die sich ausschließlich mit der Verwaltung ihres eigenen Immobilienvermögens befasste.
Aber auch ohne Gewinnerzielungsabsicht bleiben „Personen und Unternehmen, die für ihren eigenen Bedarf bauen … und auf diese Weise ihr Kapital anlegen“, für das BAG von SOKA-Beiträgen ausgenommen. Eine „gewerbliche Nutzung“ des Immobilienvermögens besteht demnach erst, wenn eine „professionelle Führung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen“ erforderlich wird.
Im Fall des Ehemanns ging es um die Errichtung eines Mehrfamilienhauses als private Kapitalanlage. Der Mann unterhielt nicht einmal ein eigenes Büro, um den Bau zu verwalten. Schon das sprach gegen eine „nachhaltige und auf Dauer angelegten Tätigkeit“, die Voraussetzung eines Gewerbebetriebs ist. Auch die Tatsache, dass er unentgeltlich für seine eigene Frau und Töchter aktiv geworden war, sprach gegen Gewerblichkeit. Deshalb verwarf das Landesarbeitsgericht die Beitragsforderungen der SOKA-Bau.
Auch private Bauherren müssen mit der SOKA-Bau rechnen: Fachanwaltskanzlei Dr. Meides hilft
Wieder einmal hat die Sozialkasse der Bauwirtschaft versucht, Bauarbeiten im Rahmen reiner Vermögensverwaltung für Beitragsansprüche zu nutzen. Die Abwehr solcher Forderungen ist kein Selbstläufer. Private Bauherren müssen auf ihren konkreten Fall bezogen zeigen, dass kein gewerblicher Baubetrieb besteht. Fehlende Gewinnerzielungsabsichten ist dafür inzwischen kein Argument mehr. Deshalb kann der Nachweis schon ab dem zweiten oder dritten privaten Bauvorhaben schwierig werden, je nach Größe der Bauprojekts.
Umso wichtiger ist es, von vornherein eine solide sozialkassenrechtliche Argumentation aufzubauen – und der SOKA-Bau auf keinen Fall durch unbedachte Informationen Munition zu liefern. Rechtsanwalt Dr. Peter Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit Jahren auf die tariflichen Sozialkassen spezialisiert. Er weiß, wie sich Beitragsansprüche abwehren lassen. Holen Sie sich heute noch Rat vom Spezialisten – schreiben Sie eine E-Mail an MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.
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