Kein Fall von Mobbing! Konflikt zwischen Oberarzt und Chefarzt. Kein Schmerzensgeld in Höhe von 1/2 Millionen
Mal wieder zeigt sich, dass nicht immer Mobbing drin ist, wenn vorgeblich Mobbing draufsteht.
In einem aktuellen Fall des LAG Hann, hat der klagende Oberarzt Schmerzensgeld in Höhe von einer halben Millionen EUR gefordert und ging leer aus.
Nach der Vernehmung von 10 Zeugen und der Untersuchung von insgesamt 29 „Vorfällen“ hat das Landesarbeitsgericht Hamm am 19.01.2012 erklärt, dass sich die mobbingtypische Schaffung eines feindlichen Umfelds nicht feststellen ließ.
Zum Hintergrund: Der Kläger hatte sich im Jahr 2001 auf die Chefarztstelle der Neurochirurgischen Klinik beworben und hat die Stelle nicht bekommen. Stattdessen wurde der jetzige Beklagte eingestellt und prompt ging der Ärger los. Der Kläger drehte in der Folgezeit in jeder Beziehung am Rad und begann sich schikaniert zu fühlen. Dem objektiven Betrachter drängt sich hier allerdings eher der Verdacht auf, dass der Kläger unter gekränktem Stolz litt und der beklagte Chefarzt die perfekte Projektionsfläche für seine Frustrationen bot.
Dennoch behauptete der Kläger im vorliegenden Verfahren, dass er durch die Vielzahl von Übergriffen des Chefarztes psychisch erkrankt und arbeitsunfähig geworden sei. Dadurch habe er erhebliche Einkommenseinbußen erlitten. Der Kläger begehrt die Zahlung von etwa einer halben Million Euro als Schadensersatz.
Der beklagte Chefarzt hält dem entgegen, er habe sich nicht pflichtwidrig verhalten. Zwar sei es teilweise zu Auseinandersetzungen und Verstimmungen gekommen, was aber allein darauf zurückzuführen sei, dass der Kläger ihn als Chefarzt und Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis nicht habe akzeptieren wollen.
Nach Auffassung der Kammer liegt ein zum Schadensersatz oder Schmerzensgeld verpflichtendes Verhalten insbesondere dann vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Bei der Prüfung von Ersatzansprüchen ist auch zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, aber sozial- und rechtsadäquat sind, nicht geeignet sind, die Voraussetzungen zu erfüllen.
Das in diesem Artikel verwendete Foto stammt heipei.