EuGH – sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeber: Fernfahrer mit Arbeitsvertrag in Zypern – inländische Sozialabgaben

Plötzlich sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeber statt nur Vertragspartner

Dass ein ausländisches Vermittlungsunternehmen seinen Kunden von ihm bezahlte Arbeitnehmer stellt, ist auch in Deutschland in vielen Branchen üblich. Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs zeigt jedoch wieder einmal, dass solche Konstruktionen juristisch genau geprüft, überwacht und insbesondere auch laufend aktualisiert werden sollten.

Es ging um LKW-Fahrer, die eine Gesellschaft in Zypern zum Einsatz für niederländische Transportunternehmen angestellt hatte. Die EuGH-Richter entschieden, dass sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeber die niederländischen Unternehmen sind. Dass die Fahrer mit der zypriotischen Gesellschaft Arbeitsverträge abgeschlossen hatten, änderte daran nichts.

Outsourcing des Betriebs der LKW, Lohnkosten gespart?

In dem vor dem EuGH verhandelten Fall ging es darum, welche Sozialversicherungsvorschriften für die LKW-Fahrer galten: zypriotische oder niederländische.

Wie in Deutschland stehen auch niederländische Spediteure unter starkem Konkurrenzdruck aus Osteuropa. Mehrere holländische Gütertransportunternehmen hatten mit der zypriotischen Gesellschaft Verträge geschlossen: diese betrieb die Laster auf Rechnung und Risiko der Kunden und schloss Arbeitsverträge mit Fahrern ab. Deren Wohnsitz waren die Niederlande, sie wurden aber im grenzüberschreitenden Güterfernverkehr eingesetzt und waren damit ständig in verschiedenen EU-Ländern unterwegs.

Der Dienstleister hat seinen Sitz im zyprischen Limassol und eine Niederlassung im mazedonischen Skopje. Die rein niederländische Website des Dienstleisters wirbt damit, dass sie rund 25 Prozent Ersparnis bei den Fahrer-Lohnkosten ermöglicht. Diese Konstruktion geriet allerdings in Gefahr, als die niederländische Sozialversicherung per Bescheid reguläre niederländische Sozialabgaben für die Fahrer forderte. Das zuständige niederländische Gericht legte die Frage des sozialversicherungsrechtlicher Arbeitgeber dem EuGH vor.

Spedition als Arbeitgeber trotz anderslautender Arbeitsverträge

Grundsätzlich entscheidet bei international eingesetzten Arbeitnehmern gemäß den einschlägigen EU-Verordnungen zunächst einmal der Sitz des Arbeitgebers darüber, welche nationalen Sozialversicherungsvorschriften gelten. In diesem Fall schien deshalb zypriotisches Recht einschlägig. Allerdings ließ sich der EuGH von der auf dem Papier erfolgten Verlegung des Arbeitsverhältnisses auf die Mittelmeerinsel nicht überzeugen.

Für die Frage, wer aus Sicht des Sozialversicherungsrechts und der einschlägigen EU-Verordnungen Arbeitgeber sei, seien die objektive Situation des betreffenden Arbeitnehmers und die Umstände seiner Beschäftigung zu berücksichtigen. Beides sprach für die Richter klar dafür, dass die niederländischen Spediteure in diesem Sinne Arbeitgeber der LKW-Fahrer waren.

Eine Entscheidung, die auch für Deutschland Bedeutung hat

Aus dem Urteil des Luxemburger Gerichtshofs folgt: Die formelle Unterschrift unter einem im EU-Ausland geschlossenen Arbeitsvertrag ist nicht allein entscheidend. Der inländische Vertragspartner des betreffenden Unternehmens kann, soweit die entscheidenden EU-Verordnungen greifen, trotzdem der Arbeitgeber von Arbeitnehmern aus anderen EU-Staaten sein, was sich auf die Sozialversicherungspflicht auswirkt.

Zentral sind für den EuGH in diesem Kontext drei Kriterien:

  • Wem untersteht der Arbeitnehmer tatsächlich, wer erteilt die Anweisungen?
  • Wer trägt die Lohnkosten?
  • Wer entscheidet gegebenenfalls über eine Entlassung?

Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Meides prüft Ihre rechtliche Situation

Das EuGH-Urteil hat EU-weit Bedeutung für grenzübergreifend eingesetzte Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern und deren Sozialversicherungspflicht. Das gilt auch für deutsche Unternehmen mit vergleichbaren Modellen. Sie sollten juristisch klären lassen, dass Sozialabgaben nach deutschem Recht ausgeschlossen sind.

Vereinbarung mit Unternehmen aus dem EU-Ausland, die den Einsatz von beim Vertragspartner beschäftigten Arbeitnehmern im eigenen Betrieb umfassen, gehören ohnehin auf den Prüfstand. Nicht nur sozialversicherungsrechtliche, auch arbeitsrechtliche Risiken müssen ausgeschlossen werden.

Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. Meides beschäftigt sich seit Jahren damit, wie das Outsourcing betrieblicher Aufgabengebiete an Vertragspartner aus dem EU-Ausland rechtssicher gestaltet werden kann. Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter eMail MEIDES Rechtsanwälte.

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