Einsicht in die Lohnlisten: Der Betriebsrat braucht eine stichhaltige Begründung
Einsicht in die Bruttolohnlisten ist an die Aufgaben des Betriebsrats geknüpft
Es ist das gute Recht des Betriebsrats, Einblick in die Bruttolohnlisten des Arbeitsgebers zu nehmen – wenn er die Einsichtnahme mit einer konkreten Aufgabe der Arbeitnehmervertretung begründet. Der Anspruch ist kein Freibrief, um ohne nachvollziehbaren Zweck die regelmäßige Vorlage der Zahlen zu fordern.
Das musste der Betriebsrat eines Unternehmens aus Schleswig-Holstein erfahren, der monatlich Einblick in die Bruttoentgelte der Arbeitnehmer des Betriebs haben wollte und deshalb bis vors Bundesarbeitsgericht zog. Der Betriebsrat hatte gegen die Weigerung des Arbeitgebers geklagt, ihm monatlich Excel-Listen mit den Namen der Arbeitnehmer und ihrem Gesamtbruttoentgelt vorzulegen.
Betriebsvereinbarung zu Mehrarbeits- und SFN-Zuschlägen muss nicht monatlich überprüft werden
Im Beschluss zur Verfahrenseinleitung berief der Betriebsrat sich auf eine Betriebsvereinbarung über Zuschläge für Mehrarbeit sowie für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit. Außerdem verwies er auf eine frühere Einsichtnahme in die Bruttolohnlisten, bei der sich erhebliche Unterschiede bei den Bruttoverdiensten gezeigt hätten. Er verdächtigte den Arbeitgeber, ohne sein Wissen Sonderzahlungen zu leisten.
Diese Begründung überzeugte zwar das Arbeitsgericht Kiel, doch weder das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein noch das Bundesarbeitsgericht. Beide sahen darin keine Rechtsgrundlage für einen monatlichen Einblick in die Excel-Listen mit den Bruttogehaltszahlen.
Hintergrund: Das Recht auf Einsichtnahme in die Bruttogehalts- und Bruttolohnlisten
Der Betriebsrat kann verlangen, dass ihm alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlich sind. Das betrifft auch die Bruttolohnlisten. Einblick in die Lohn- und Gehaltslisten kann der Betriebsausschuss oder ein anderer Ausschuss des Betriebsrats „jederzeit“ verlangen, bei Betriebsräten mit weniger als neun Mitgliedern der Vorsitzende oder ein dafür bestimmtes Mitglied. Das Recht auf Einsichtnahme besteht jedoch nur, soweit es um die Erfüllung einer konkreten Aufgabe des Betriebsrats geht.
Fortlaufende Einsichtnahme? Für Betriebsrat und Arbeitgeber zählt die Rechtsgrundlage
Die Latte liegt hoch: Einen Anspruch auf wiederkehrende Einsicht in die Lohnlisten muss der Betriebsrat plausibel und mit konkreten Aufgaben begründen. Sonst kann sich der Arbeitgeber einem entsprechenden Betriebsratsbeschluss mit guten Aussichten entgegenstellen. Seine formelle Rüge des Beschlusses sollte er allerdings ebenfalls überzeugend begründen.
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachmann für Mitbestimmungsrecht
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit Jahrzehnten auf dem Gebiet des Mitbestimmungsrechts tätig. Er berät Arbeitgeber wie Betriebsräte in allen Fragen des kollektiven Arbeitsrechts. Sie erreichen die Meides Rechtsanwaltsgesellschaft durch eine Nachricht an ffm@meides.de.
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