Eine betriebliche Übung kann auch bei Versorgungszusagen enstehen
Bietet der Arbeitgeber über Jahre hinweg seinen Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen vorbehaltlos den Abschluss eines Versorgungsvertrages nach beamtenähnlichen Grundsätzen an, so besteht eine betriebliche Übung. Der Arbeitgeber muss auch allen anderen Arbeitnehmern den Abschluss eines inhaltsgleichen Vertrages anbieten.
Die beklagte Landesbank ist im Jahre 1972 aus einer Fusion hervorgegangen. Bestandteil des Fusionsvertrags ist eine „Personalvereinbarung“ (sog. PV 72). Nach deren Nr. 3.2 können Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens 10 Jahre bei den fusionierten Instituten oder bei der Bayerischen Landesbank – Girozentrale -, einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach beamtenähnlichen Grundsätzen (sog. Versorgungsrecht) erhalten. Über die Erteilung des Versorgungsrechtes entscheidet nach Nr. 3.2 PV 72 der Vorstand.
Die Beklagte bot seit 1972 fast allen Arbeitnehmern Versorgungsrecht an, die eine Dienstzeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe vorweisen konnten, davon mindestens 10 Jahre bei der Bayerischen Landesbank tätig waren, eine gute Beurteilung durch ihre Vorgesetzten erhalten hatten und in einer gesundheitlichen Verfassung waren, die eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten ließ. Anfang des Jahres 2009 beschloss die Beklagte, die Vereinbarung von Versorgungsrechten einzustellen. Dem Kläger, der die Voraussetzungen am 1. Januar 2010 erfüllte, wurde kein Versorgungsvertrag angeboten.
Die auf Abgabe eines Vertragsangebots durch die Beklagte gerichtete Klage hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts, wie schon in den Vorinstanzen, Erfolg. Aufgrund der seit 1972 geübten Praxis bestand bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers am 1. Januar 1990 im Unternehmen der Beklagten eine betriebliche Übung. Die Beklagte ist verpflichtet, Arbeitnehmern nach einer 20jährigen Tätigkeit im Kreditgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der Beklagten und bei Erfüllung der beiden weiteren Voraussetzungen – gute Beurteilung und gesundheitliche Verfassung, die eine vorzeitige Zurruhesetzung nicht erwarten lässt – die Vereinbarung eines Versorgungsvertrags anzubieten. Da der Kläger diese Voraussetzungen am 1. Januar 2010 erfüllte, hat er einen Anspruch auf Abgabe eines entsprechenden Vertragsangebots durch die Beklagte erworben.
Urteil des BAG vom 15.05.2012, Az: 3 AZR 128/11