Die krankheitsbedingte Kündigung – alles was man wissen muss.
Um die krankheitsbedingte Kündigung ranken sich eine Menge Mythen.
Unter welchen Voraussetzungen tatsächlich eine solche Kündigung ausgesprochen werden kann, soll nachstehend erörtert werden.
1. Zunächst muss mal eine Krankheit vorliegen
Ganz allgemein gilt für eine Krankheit, dass sie unabhängig vom Verhalten des Mitarbeiters besteht. Dieses Merkmal dient zur Unterscheidung zwischen Krankheit und Missbrauch. Missbrauch liegt nur bei willensgesteuertem Verhalten vor, während der Mitarbeiter gegen eine Krankheit „beim besten Willen“ nichts machen kann. Lustlosigkeit kann also nicht unter den Begriff „Krankheit“ subsumiert werden, während Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit als Krankheit angesehen wird. Andere mögliche Krankheiten die häufig im Kontext mit krankheitsbedingten Kündigungen genannt werden sind z.B. Bandscheibenvorfall, Rheuma, aber auch Krebs oder AIDS.
2. Es muss eine negative Gesundheitsprognose geben
Erste Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung ist die negative Gesundheitsprognose. Das heißt, im Zeitpunkt der Kündigung muss es für den Arbeitgeber wahrscheinlich sein, dass bei dem Mitarbeiter auch in Zukunft mit weiteren Erkrankungen zu rechnen ist. Ob der Mitarbeiter dauerhaft krank ist, dürfen jedoch nicht nur aufgrund der bisherigen Fehlzeiten beurteilt werden. Diese liefern nur ein Indiz, keinen Beweis. Es müssen zudem objektive Anhaltspunkte für eine dauerhafte Erkrankung bestehen. Dafür reichen weder eine Selbsteinschätzung des Mitarbeiters noch die schlimmsten Befürchtungen des Arbeitgebers aus.
Die Rechtsprechung unterscheidet hier 3 Gruppen von Erkrankungen:
- Lang andauernde Krankheit,
- häufige Kurzerkrankungen,
- krankheitsbedingte Minderleistungen.
Aus der jeweiligen Art der Erkrankung ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an die Gesundheitsprognose:
a) Lang andauernde Krankheit: Keine Genesung
Die Prognose muss ergeben, dass die Genesung des Mitarbeiters entweder gar nicht zu erwarten ist oder der Ausgang der Krankheit auf lange Sicht ungewiss ist. Das ist beispielsweise bei Krebserkrankungen, AIDS oder dauerhaften seelischen Erkrankungen der Fall. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn auch schwere Krankheiten können einen guten Heilungsverlauf nehmen. Ein Indiz für Ihre negative Prognose ist, wenn der Mitarbeiter in der Vergangenheit häufiger oder länger wegen derselben Krankheit gefehlt hat. Über die Heilungschancen sagt dieses Indiz aber nichts.
b) Häufige Kurzerkrankungen: Wiederholungsgefahr
Bei der Prognose darf nicht allein aufgrund der bisherigen Ausfälle des Mitarbeiters davon ausgegangen werden, dass er auch in Zukunft immer wieder kurzfristig fehlen wird. Um eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, muss eine konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt werden. Das ist der Fall bei schubweise auftretenden Krankheiten wie etwa Migräne, Malaria, Asthma oder Epilepsie.
c) Krankheitsbedingte Minderleistungen: Keine normale Arbeitsleistung
Darunter fallen Erkrankungen, aufgrund derer der Mitarbeiter zwar noch arbeitsfähig ist, aber seine geschuldete Arbeitsleistung infolge seines Gesundheitszustandes nicht mehr bzw. nicht mehr voll erbringen kann. Der Mitarbeiter bleibt also, gemessen an einem gesunden Arbeitnehmer, hinter der durchschnittlichen Arbeitsleistung weit zurück. Bezogen auf seinen konkreten Arbeitsplatz muss also eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit vorliegen.
ACHTUNG ! Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn es sich bei der Krankheit nicht um die Folgen eines Betriebsunfalls handelt.
3. Die Interessen des Betriebs müssen erheblich beeinträchtigt sein
Die Interesse an einem reibungslosen Betriebsablauf muss durch die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Mitarbeiters so beeinträchtigt sein, dass seine Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Die Darlegung einer generellen Beeinträchtigung, wie sie beim Ausfall von Arbeitskräften immer vorliegt, reicht hierfür nicht. Entscheidend ist die erhebliche, unzumutbare Beeinträchtigung. Dazu müssen Umstände vorliegen und belegt werden, aus denen sich ergibt, wie sich das krankheitsbedingte Fehlen des Mitarbeiters beispielsweise im Produktionsablauf oder in der Betriebsorganisation konkret auswirkt.
Wenn Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit haben, Aushilfskräfte, Zeitarbeitskräfte oder Springer aus anderen Abteilungen einzusetzen, dann müssen sie zunächst versuchen die Krankheitszeiten des fehlenden Mitarbeiters so zu überbrücken.
4. Interessensabwägung
Um eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, müssen die Arbeitgeberinteressen das Interesse des Mitarbeiters am Erhalt seines Arbeitsplatzes übersteigen. Die Arbeitsgerichte nehmen diese Abwägung vor, um den Arbeitnehmer zu schützen. Es kann daher vorkommen, dass die Arbeitsrichter den Arbeitgeber aufgrund dieser Abwägung zu einer Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters zwingen, obwohl ansonsten alle Gründe für eine krankheitsbedingte Kündigung vorliegen.
5. Anhörung des Betriebsrats
Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, muss er gemäß § 102 Absatz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor jeder Kündigung gehört werden. In der Praxis scheitern krankheitsbedingte Kündigungen oft an der mangelnden Beteiligung des Betriebsrats. Es reicht nicht, wenn die Kündigung ausgesprochen und erst dann der Betriebsrat informiert wird. Das gilt auch, wenn die Information zeitgleich mit der Kündigungserklärung erfolgt.
Erst muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die beabsichtigte Kündigung mitteilen. Der Betriebsrat hat sich bei der ordentlichen Kündigung innerhalb von 1 Woche, bei der fristlosen (außerordentlichen) Kündigung innerhalb von 3 Tagen zu äußern. Stimmt er der Kündigung zu, oder gibt er innerhalb dieser Fristen keine Stellungnahme ab, darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.
Das in diesem Artikel verwendete Foto stammt von chaetzle.