Der neue VTV 2021: Praxistipps für Arbeitgeber

VTV-Bau, Version 2021: Der aktuelle Verfahrenstarifvertrag für die Sozialkasse der Bauwirtschaft

Die Sozialkasse der Bauwirtschaft, kurz SOKA-Bau, ist kein Sozialversicherungsträger kraft Gesetzes, wie etwa die Deutsche Rentenversicherung. Die SOKA-Bau – und damit die Beitragspflicht der Baubetriebe – beruht auf einer Tarifvereinbarung: dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (aktuell dem VTV 2021). Da dieser Tarifvertrag regelmäßig vom Bundesarbeitsminister für allgemeingültig erklärt wird, ist er auch für Unternehmen verpflichtend, die ansonsten keiner Tarifbindung unterliegen.

Seit 1.1.2021 gilt eine neue Version des Sozialkassentarifvertrags: der neue VTV 2021 Bau in der Fassung vom 29. Januar 2021. Diese Version, im Folgenden VTV 2021 genannt, bringt einige wichtige Änderungen mit sich. Unsere Übersicht zeigt, was Arbeitgeber der Baubranche im Auge haben sollten.

Die offizielle Version des neuen Tarifvertrag der SOKA-Bau (VTV 2021) ist auch bei uns auf der Homepage.

Lizenz zum Schätzen – nun auch offiziell

Seit langem schätzt die SOKA-Bau die Bruttolohnsummen von Betrieben, um auf dieser Grundlage Beitragsansprüche zu fordern und gegebenenfalls einzuklagen. Dieses Vorgehen wird von den Arbeitsgerichten grundsätzlich akzeptiert. Man spricht dann von einer sogenannten „Durchschnittsbeitragsklage“. Besonders knausrig zeigt sich die SOKA beim Schätzen erfahrungsgemäß nicht.

Mit Geltung des neuen VTV 2021 ist die Schätzung der Bruttolohnsummen nun auch offiziell Teil des Sozialkassenverfahrens (§ 15 Abs. 5 VTV 2021), falls dieser Betrag nicht bekannt ist. Geschätzt wird auch, wenn die SOKA die Zahl der Arbeitnehmer oder die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden nicht kennt. Bei der Schätzung darf sie unterstellen, jeder Arbeitnehmer erhalte erstens den tariflichen Bau-Mindestlohn und zweitens den durchschnittlichen Brutto-Arbeitslohn gemäß Statistischem Bundesamt.

Außerdem kann sie zwei Drittel vom Nettoumsatz des Betriebs als Bruttoarbeitslöhne ansetzen – ein großzügiger Wert. Der VTV 2021 ermächtigt die SOKA nunmehr auch „andere Schätzgrundlagen“ heranzuziehen. Welche Grundlagen dies sein könnten, verrät der VTV indes nicht. Sollte sich die SOKA-Bau in Zukunft also auf weitere Schätzgrundlagen berufen, werden diese jeweils kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen sein.

Auch für Angestellte fallen nun Berufsbildungsbeiträge an

Nicht nur für jeden gewerblichen Arbeitnehmer verlangt die SOKA nun Beiträge zum Berufsbildungsverfahren. Auch pro Angestelltem müssen Arbeitgeber jetzt bezahlen. Für Angestellte fällt ein Pauschalbetrag an: 18 Euro pro Monat.

Änderungen beim Spitzenausgleichsverfahren

Die fortlaufende Aufrechnung von Beitragsansprüchen der SOKA gegen Erstattungsansprüche des Arbeitgebers im sogenannten Spitzenausgleichsverfahren ist nun auf Viermonats-Zeiträume beschränkt. Die Verrechnung in Zeiträumen von sechs Monaten ist nicht mehr möglich.

Keine Härtefallregelung für die Zusatzversorgung

Der VTV enthält zwar eine Härtefall-Regelung: Ist die Beitragszahlung für einen Arbeitgeber „mit erheblichen Härten“ verbunden, kann die SOKA die fälligen Beiträge stunden oder eine Ratenzahlungsvereinbarung abschließen. Die Beiträge zur tariflichen Zusatz-Altersversorgung sind davon jedoch nun explizit ausgeschlossen. Sie müssen in jedem Fall pünktlich und in voller Höhe abgeführt werden; „abstottern“ ist nicht möglich.

Formelle Änderungen

Die Neufassung des VTV bringt zudem einige Neuerungen mit sich, die formelle Aspekte des Sozialkassenverfahrens betreffen:

  • E-Mail-Pflicht: Sowohl Arbeitgeber wie im Übrigen auch Arbeitnehmer und Azubis müssen sich bei der SOKA-Geschäftsstelle in Wiesbaden mit einer E-Mail-Adresse registrieren.
  • Änderungen an den Stammdaten des Unternehmens selbst oder der Beschäftigten muss der Arbeitgeber nun „unverzüglich“ mitteilen.
  • Arbeitgeber müssen der Urlaubskasse der SOKA (ULAK) nun auch Bruttostundenlöhne ohne Zuschläge melden. Das Gleiche gilt für die Zahl der Ausfallstunden, für die konjunkturelles Kurzarbeitergeld bezogen wurde.
  • Immerhin – es gibt auch etwas weniger zu melden: Betriebe im Osten haben keine besondere Meldepflicht für Angestellte mehr, und für Azubis im letzten Auslernjahr muss nur noch der tatsächlich gewährte Urlaub gemeldet werden, nicht der entstandene Anspruch.

Ärger mit den tariflichen Sozialkassen oder dem neuen VTV 2021? Bei der Meides Rechtsanwaltskanzlei sind Sie richtig!

Die Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei Meides hat zahlreiche Unternehmen erfolgreich gegenüber der SOKA-Bau unterstützt. Die juristische Auseinandersetzung mit den tariflichen Sozialkassen ist seit vielen Jahren einer der Schwerpunkte von Rechtsanwalt und Fachanwalt Dr. Peter Meides und Rechtsanwalt Dr. Sebastian Läßle. Sie erreichen die Kanzlei unter MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.

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