Bundesarbeitsgericht: Wohnungsunternehmen muss SOKA-Beiträge zahlen
Beitragsklage: SOKA-Bau gegen Wohnungskonzern
Das Bundesarbeitsgericht hat ein großes Wohnungsunternehmen dazu verurteilt, Beiträge an die SOKA-Bau nachzuzahlen, die tarifliche Sozialkasse der Bauwirtschaft. Der Wohnungskonzern verwaltet über seine Unternehmensgruppe Hunderttausende von Wohnungen allein in Deutschland. Bei der Klage der SOKA-Bau ging es um ein Tochterunternehmen, das Reparaturen sowie Modernisierungs- und Instandhaltungsarbeiten im Bestand des Konzerns ausführt.
Der Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht verschafft der Sozialkasse Anspruch auf eine Beitragsnachzahlung von rund sieben Millionen Euro. Das Urteil zeigt: Immobilienunternehmen sollten die Sozialkassenpflicht im Auge haben, wenn sie in eigenen Betrieben und mit eigenen Mitarbeitern Hausmeister- und Handwerksarbeiten ausführen.
Das gilt nicht nur für kommerzielle Unternehmen, sondern auch für Wohnungsgenossenschaften sowie Wohnungsunternehmen in öffentlicher oder kirchlicher Hand. Eine Verbändevereinbarung, die diese Träger von der Beitragspflicht ausnimmt, steht durch die BAG-Entscheidung auf unsicheren Füßen.
Ein Renovierungs- und Instandhaltungsbetrieb im Immobilienunternehmen: Gewerblich oder nicht?
Das beklagte Unternehmen, eine im Handelsregister eingetragene GmbH, verteidigte sich damit, es führe die baulichen Arbeiten nicht gewerblich aus. Es wurde nur für andere Konzernunternehmen und zu festgelegten Verrechnungspreisen tätig. Am Markt trat es nicht auf.
Das Bundesarbeitsgericht argumentierte jedoch, die Leistungen der GmbH seien gewerblich im Sinne des Tarifvertrags. Sie dienten der Gewinnerzielung des Konzerns, auch wenn die Wertschöpfung nicht unmittelbar der GmbH selbst zugutekam.
Ein großer Baubetrieb – oder viele Handwerksbetriebe?
Die GmbH gab außerdem an, sie unterhalte für die Kleinreparaturen und Instandhaltungsarbeiten 33 verschiedene Handwerksbetriebe. Diese Betriebe hätten eigene Betriebsleiter mit Entscheidungsbefugnis über Personalentscheidungen und seien mobil und dezentral eingerichtet. Hintergrund dieses Arguments: Der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) nimmt unter anderem das Maler- und Lackiererhandwerk, das Schreinerhandwerk, Gas- und Wasserinstallation, Elektroinstallation sowie Heizungs- und Lüftungsbau von SOKA-Beiträgen aus.
Das hätte viele der postulierten Betriebe vor Beiträgen bewahrt. Doch das Bundesarbeitsgericht sah keinen Nachweis für eigenständige Betriebe oder zumindest Betriebsabteilungen. Es zweifelte an der „hinreichenden organisatorischen Abgrenzung“ dieser Betriebseinheiten. Zudem hätten eigene Betriebe je einen „einheitlichen Leitungsapparat mit Arbeitgeberfunktion“ erfordert. Auch den habe die GmbH nicht nachgewiesen.
Gilt die Verbändevereinbarung zur SOKA-Pflicht in der Wohnungswirtschaft noch?
Das Bundesarbeitsgericht befasst sich außerdem mit einer Verbändevereinbarung, die die SOKA-Bau mit dem Arbeitgeberverband der Immobilienwirtschaft 2020 abgeschlossen hatte. Unterzeichnet wurde sie auch von den Tarifparteien der Baubranche, die den VTV abschließen. Die Vereinbarung nahm tarifgebundene Wohnungsgenossenschaften sowie Wohnungsunternehmen in öffentlicher und kirchlicher Trägerschaft von SOKA-Beiträgen aus, soweit deren Bautätigkeiten sich auf Erhaltung und Modernisierung des eigenen Bestandes beschränkten. Sie galt dabei ausdrücklich auch für selbständige Betriebsabteilungen und Tochterunternehmen.
Das beklagte Wohnungsunternehmen sah darin einen Änderungstarifvertrag zum VTV: Dadurch sei die Allgemeingültigkeitserklärung des VTV hinfällig. Bei seiner Gegenargumentation schränkte das Bundesarbeitsgericht gleich den Stellenwert der Verbändevereinbarung generell ein. Es handle sich um eine „rein schuldrechtliche Vereinbarung ohne Rechtsnormcharakter“, die nur „eine Auffassung der Unterzeichner“ wiedergebe, ohne tarifliche Normen zu setzen. Die Verbände der Wohnungswirtschaft seien für die Bauwirtschaft nicht tarifzuständig, die Sozialkasse nicht einmal tariffähig. Die tarifliche Beitragspflicht könne nicht von der Mitgliedschaft in einem anderen Arbeitgeberverband abhängig gemacht werden.
Kommerzielle und gemeinnützige Unternehmen der Wohnungswirtschaft mit Instandhaltungsbetrieb müssen ihre SOKA-Beitragspflicht klären
- Das Bundesarbeitsgericht hat erneut klargestellt, dass Immobilienunternehmen, die selbst Sanierungs- oder Renovierungsarbeiten ausführen, im Regelfall Beiträge an die Sozialkasse des Baugewerbes zahlen müssen.
- Das gilt selbst dann, wenn sie nur Hausmeistertätigkeiten mit Reparaturen im eigenen Bestand durchführen. Das BAG bleibt seiner Linie treu. Früher schon hat es die SOKA-Beitragspflicht einer kleinen Immobilienverwaltung bestätigt. Es geht keineswegs nur um große Wohnungsunternehmen.
- Die Verbändevereinbarung, die Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsunternehmen in öffentlicher und kirchlicher Hand unter bestimmten Voraussetzungen von SOKA-Beiträgen ausgenommen hat, ist für das BAG zumindest tarifrechtlich ohne Bedeutung.
- Vermeiden oder verringern lässt sich die Beitragspflicht, wenn nicht SOKA-pflichtige Tätigkeiten wie Grundstückspflege, Malerarbeiten oder Installationstätigkeiten nachweislich in eigenständigen Betrieben oder Betriebsabteilungen stattfinden. Die interne Organisation muss im Fall einer Beitragsklage allerdings gerichtsfest nachweisbar sein.
Fachanwalt Dr. Meides klärt die Situation Ihres Wohnungsunternehmens
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Spezialist für Sozialkassenrecht. Die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft in Frankfurt vertritt seit vielen Jahren Unternehmen aller Größen gegenüber den tariflichen Sozialkassen. Diese Beratung hat schon vielen Unternehmen die Vermeidung von Beitragsansprüchen ermöglicht. Sie erreichen die Meides Rechtsanwaltsgesellschaft durch eine E-Mail an Dr. Meides Rechtsänwalte, Frankfurt a.M.
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