Arbeitsgericht Stuttgart: Kurzarbeit einführen per fristloser Änderungskündigung

Lockdown und Corona-Krise gehen weiter. Selbst Betriebe, die bisher ohne Kurzarbeit durchgekommen sind, müssen ernsthaft darüber nachdenken. Allerdings lässt sich Kurzarbeit nicht einfach anordnen, auch nicht bei großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Hier geht es um ‚Kurzarbeit einführen per fristloser Änderungskündigung‘.

Kurzarbeit: Einwilligung der Arbeitnehmer ist erforderlich

Der Arbeitnehmer muss in Einführung von Kurzarbeit einwilligen. Die Einwilligung kann im Arbeitsvertrag stehen, in einer eigenen Erklärung, einer Tarifvereinbarung oder Betriebsvereinbarung. (Vorsicht, die rechtssichere Gestaltung einer solchen Betriebsvereinbarung ist nicht trivial!) Gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage, dann können Arbeitnehmer sich durchaus querstellen. Schließlich ist Kurzarbeit mit deutlichen Einkommensausfällen verbunden.

Änderungskündigungen sind eine Möglichkeit, auf die Weigerung zu reagieren. (Weitere Informationen stehen hier: „Kurzarbeit einführen? So stellen Sie die Vereinbarung mit den Arbeitnehmern sicher“ und in „Kurzarbeit und Änderungskündigung“.)

Allerdings war dies bislang nur dann gesicherte Rechtsprechung, wenn es sich um eine ordentliche Änderungskündigung mit voller Kündigungsfrist handelte. Das bedeutete: Kurzarbeit-Verweigerer bekamen bis zur Reduzierung ihrer Arbeitszeit (Kurzarbeit) monatelang ihr volles Entgelt weiterbezahlt.

Kurzarbeit einführen per fristloser Änderungskündigung

Bis vor kurzem wurde eine fristlose Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit davon abhängig gemacht, dass andernfalls Insolvenz droht. Diesen Grundsatz hatte das Bundesarbeitsgericht bei Änderungskündigungen zur Lohnkürzung festgelegt. Arbeitsrechtler wenden diesen auch auf die Kurzarbeit an. Doch eine neue Entscheidung des Arbeitsgerichts Stuttgart nimmt davon Abstand.

Das Arbeitsgericht hielt die Änderungskündigung einer Zeitarbeitsfirma aufrecht, die eine Kurzarbeitsklausel im Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin verankern wollte. Die fristlose Aussprache war für das Gericht gerechtfertigt, weil beim Antrag auf Kurzarbeitergeld sonst Fristablauf drohte. Eine Insolvenzgefahr sah es nicht als erforderliche Voraussetzung, weil es nicht um das grundsätzliche Verhältnis von Arbeitsleistung und Entgelt ging.

Allerdings benannten die Richter mehrere Voraussetzungen:

  • ein vorhergehender Versuch, sich gütlich zu einigen
  • eine Ankündigungsfrist von etwa drei Wochen und eine weitere dreiwöchige Frist bis zur Einführung der Kurzarbeit
  • die Einwilligung war auf die Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld begrenzt, die Mitarbeiterin erfüllte die Voraussetzungen für KuG-Bezug

Fazit: Noch kein Königsweg zur Einführung von Kurzarbeit

Die Rechtsprechung des Arbeitsgerichts Stuttgart könnte die Position von Kurzarbeitsverweigerern gegenüber Arbeitgebern deutlich schwächen. Allerdings muss sich zunächst einmal das Landesarbeitsgericht der Entscheidung anschließen. Dort ist der Fall inzwischen anhängig. Vielleicht wird das Bundesarbeitsgericht das letzte Wort sprechen.

Durch Kurzarbeit einführen per fristloser Änderungskündigung zwingen kann man Arbeitnehmer ohnehin nicht. Eine fristlose Änderungskündigung bleibt ein Angebot. Neben dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist auch eine Annahme unter Vorbehalt möglich. Sie führt zur Klärung vor dem Arbeitsgericht. Trotzdem wäre es gerade für Arbeitgeber in kleineren Betrieben ohne Tarifvertrag und ohne Betriebsrat ein Vorteil, wenn dieses Instrument in Zukunft zur Verfügung steht.

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