Anforderungen des Bundesarbeitsgerichts: Wann ist eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit wirksam?

Kurzarbeit per Betriebsvereinbarung einführen – ist das empfehlenswert?

Die Einführung von Kurzarbeit erfordert in den meisten Fällen, dass zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber eine Vereinbarung geschlossen wird. Wenn es einen Betriebsrat gibt, kann sie in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat bestehen. Zur Mitbestimmung gehört schließlich laut Betriebsverfassungsgesetz auch die „vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit“.
(vgl. Kurzarbeit einführen)

Eine solche Betriebsvereinbarung ist allerdings nur dann wirksam, wenn sie klare Regelungen zur Durchführung der Kurzarbeit aufstellt, die für alle Arbeitnehmer nachvollziehbar sind. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Der Fall zeigt: Eine zu weitgehende oder unklar formulierte Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit ist für Arbeitgeber riskant.

Kurzarbeit nicht wirksam eingeführt? Hohes Kostenrisiko!

Dabei geht es nicht nur um Mitbestimmung und Betriebsverfassungsrecht. Erweist sich die Vereinbarung zur Kurzarbeit als unwirksam, hat das sozialrechtliche Konsequenzen. Anders gesagt: Dem Arbeitgeber drohen empfindliche Kosten.

  • Das gilt zum einen für die Erstattung des ausgezahlten Kurzarbeitergelds durch die Arbeitsagentur. Wenn die „Anzeige von Kurzarbeit“ auf Grundlage einer unwirksamen Vereinbarung mit den Arbeitnehmern erfolgt, besteht kein Erstattungsanspruch. Die Arbeitsagentur kann die Zahlung verweigern oder geleistete Zahlungen zurückfordern.
  • Zweitens können Arbeitnehmer für die gesamte Zeit der Kurzarbeit ihren vollen Lohn oder das volle Gehalt nachfordern, und zwar ohne die ausgefallenen Arbeitsstunden nacharbeiten zu müssen. Da die Arbeitszeit nicht wirksam reduziert wurde, besteht der Entgeltanspruch grundsätzlich unverändert weiter.

Annahmeverzug: haben die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung „angeboten“?

Der volle Entgeltanspruch ist allerdings daran gebunden, dass der Arbeitgeber bezüglich der Arbeitsleistung in Annahmeverzug gerät. Annahmeverzug bedeutet: Der Arbeitgeber hätte die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nutzen können, tat es aber nicht. Das setzt in einem solchen Fall voraus, dass der Arbeitnehmer seine Leistung ausdrücklich angeboten hat: zumindest wörtlich, besser noch schriftlich.

Lag wirklich Annahmeverzug vor? Dieser Aspekt sollte im Einzelfall konkret geprüft werden. Das Ergebnis kann dem Arbeitgeber ein schlagendes Argument zur Abwehr von Nachforderungen liefern.

Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit: Kündigung durch Betriebsrat, Klage vor dem Arbeitsgericht

Im angesprochenen Fall ging es um die Klage des Arbeitnehmers eines Maschinenbaubetriebs aus dem Raum Herford. Betriebsleitung und Geschäftsführung hatten eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit geschlossen. Nach sieben Monaten kündigte der Betriebsrat die Vereinbarung außerordentlich. Grund: die Konzernmutter des Betriebs hatte die Schließung des Werks beschlossen. Der klagende Arbeitnehmer bot daraufhin dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schriftlich an. Monate nach der Werksschließung klagte er vor dem Arbeitsgericht auf Nachzahlung der Differenz von Kurzlohn und Kurzarbeitergeld einerseits und seinem vollem Lohnanspruch andererseits, und zwar für die insgesamt rund neun Monate der Kurzarbeit.

Das Bundesarbeitsgericht, bei dem die Sache schließlich landete, entschied: Die Einführung der Kurzarbeit für neun Monate war unwirksam. Seinen vollen Lohnanspruch konnte der Arbeitnehmer jedoch erst ab dem ausdrücklichen Angebot seiner Arbeitskraft geltend machen.

Was muss eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit enthalten?

Wichtig an der Entscheidung sind vor allem die Gründe, aus denen die Richter der Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit die Anerkennung verweigerten. Um aus dem Leitsatz des BAG-Urteils zitieren: „Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten so deutlich regeln, dass diese für die Arbeitnehmer zuverlässig zu erkennen sind.“

Das war in dem vorliegenden Fall nicht gegeben. Unter anderem konnte die Geschäftsführung der Vereinbarung zufolge Beschäftigte „aufgrund ihrer Aufgabenstellung“ von der Kurzarbeit ausnehmen. Damit lag es letztlich im Ermessen der Geschäftsleitung, für welche Arbeitnehmer Kurzarbeit eingeführt wurde.

Eine Betriebsvereinbarung muss dem BAG zufolge mindestens drei Punkte klar regeln:

  • Beginn und Ende der Kurzarbeit
  • wann genau gearbeitet wird und wie sich die Arbeitszeit verteilt
  • wie die Arbeitnehmer ausgewählt werden, die von Kurzarbeit betroffen sind

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Wie für viele Klauseln im Arbeitsvertrag gilt auch bei einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeitsregelung: Bestimmung, die aus Arbeitgebersicht sehr vorteilhaft wirken, erweisen sich dann später oft als unwirksam. Eine unwirksame Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit belastet sowohl die Finanzen wie den Betriebsfrieden, sie liegt auch nicht im Interesse des Betriebsrats.

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