Kündigung per Einwurf-Einschreiben scheitert: kein Auslieferungsbeleg, kein Zugang
Formale Versäumnisse als Kündigungskiller
Nicht immer scheitern Kündigungen an komplexen Fragen des Arbeitsrechts. Oft genug stolpern Arbeitgeber über simple Formalien. Ein kritischer Punkt, der immer wieder für Ärger sorgt, ist der Zugang der Kündigung beim Arbeitnehmer.
So war es auch bei einem Unternehmen aus der Region Heilbronn-Franken in Baden-Württemberg. Es hatte einer gekündigten Mitarbeiterin das Kündigungsschreiben per Einwurf-Einschreiben zustellen lassen. Vor dem Arbeitsgericht konnte es den Auslieferungsbeleg der Deutschen Post nicht vorlegen. Obwohl der Arbeitgeber bis vor das Bundesarbeitsgericht in Erfurt zog, konnte er die Wirksamkeit der Kündigung nicht retten.
Der Einlieferungsbeleg zum Einschreiben reicht dem BAG nicht
Dass die Angestellte, um die sich das Verfahren drehte, ihre Kündigung nicht ohne Gegenwehr hinnehmen würde, zeigte sich schnell. Eine erste außerordentliche und ordentliche Kündigung konterte sie mit dem Hinweis, schwanger zu sein. Das zwang den Arbeitgeber zu einer erneuten Aussprache der Kündigung. Zuvor musste er sich zunächst die Zulässigkeit dieses Schritts bestätigen lassen. Schwangeren darf nur mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörde gekündigt werden. In Baden-Württemberg sind dies die Regierungspräsidien.
Die Behörde gab grünes Licht. Doch auch gegen die zweite Kündigung wehrte sich die Mitarbeiterin vor dem Arbeitsgericht. Diesmal gab sie an, das Kündigungsschreiben sei ihr nicht zugegangen. Der Arbeitgeber konnte zwar zwei Zeuginnen aus seinem Betrieb aufbieten, die das Versenden der Kündigung als Einwurf-Einschreiben bestätigten. Er konnte auch zeigen, dass das Einschreiben in der Online-Sendungsverfolgung der Deutschen Post als zugestellt ausgewiesen worden war. Er hatte jedoch versäumt, sich den Auslieferungsbeleg zu sichern. Der Abruf dieses Dokuments ist bei der Post nur 15 Monate lang möglich. Bis die Sache vor Gericht verhandelt wurde, war diese Frist verstrichen. So konnte der Arbeitgeber im Prozess nur den Einlieferungsbeleg vorlegen. Das sollte sich rächen.
Der Einwurf in den Briefkasten genügt – aber gibt es dafür Zeugen?
Mit Einwurf in den Briefkasten des Arbeitnehmers gelangt das Kündigungsschreiben nach ständiger Rechtsprechung in die „tatsächliche Verfügungsgewalt“ des Arbeitnehmers. Damit ist es ihm zugegangen und die Dreiwochenfrist für eine mögliche Kündigungsschutzklage beginnt zu laufen.
Der Einwurf ist allerdings oft schwer nachweisbar. Wenn der oder die Gekündigte bestreitet, dass die Kündigung jemals im Briefkasten lag, ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht: Er trägt die „Darlegungs- und Beweislast“ für den Zugang. Deshalb ist es nicht ratsam, Kündigungsbriefe mit normaler Post zu schicken. Und genau am gleichen Punkt scheiterte auch die Kündigung in diesem Fall. Die Richter bemängelten, dass es ohne Auslieferungsbeleg keinen Zeugen für den Einwurf des Schreiben gab. Einlieferungsbeleg und Sendungsstatus ließen keinen Rückschluss auf den Postboten zu. Weitere Angaben zur Zustellung wie Uhrzeit oder Adresse fehlten ebenfalls. Deshalb genügten diese Unterlagen dem Bundesarbeitsgericht nicht. Auch die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, hatte es so gesehen.
Auch sonst nahm es das BAG mit dem Nachweis der Zustellung sehr genau. Es bemängelte zum Beispiel, dass das Unternehmen nicht angegeben hatte, ob das Einschreiben in einem Fensterbriefumschlag oder in einem fensterlosen Umschlag verschickt worden war, auch wenn dieser Aspekt letztlich ohne Bedeutung blieb.
Kleiner Fehler bei der Kündigung, große Kostenfolgen
Im Endeffekt brachte das Urteil des Bundesarbeitsgerichts dem Arbeitgeber eine enorme Kostenbelastung.
- Er musste seine eigenen Anwalts- und Gerichtskosten tragen. Dazu kamen die Anwaltskosten der Arbeitnehmerin für die zweite und die oberste Instanz.
- Da das Arbeitsverhältnis der Frau nie geendet hatte, hatte sie Anspruch auf ihr Gehalt für die gesamte Zeit von der ersten Kündigung bis zur abschließenden Revisionsentscheidung des BAG – rund 22 Monate.
- Und schließlich scheint die Möglichkeit einer erneuten außerordentlichen und fristlosen Kündigung fraglich. Dafür hätte ein neuer außerordentlicher Kündigungsgrund bestehen müssen. Den früheren Kündigungsgrund konnte der Arbeitgeber längstens zwei Wochen, nachdem er davon erfahren hatte, heranziehen. Das legt das Gesetz fest. So blieb wohl maximal eine ordentliche Kündigung mit voller Kündigungsfrist, die absehbar in ein erneutes Kündigungsschutzverfahren münden dürfte. Gut möglich, dass die Trennung nur unter Zahlung einer hohen Abfindung möglich war.
Negativ ist zudem die Unruhe im Betrieb, die ein derart langes und für das Unternehmen ungünstig endendes Verfahren auslöst. All das hätte eine rechtzeitig abgerufene Auslieferungsbestätigung wohl vermieden.
Professionelle Begleitung von Kündigungen durch den Fachanwalt für Arbeitsrecht
Beim Aussprechen einer Kündigung sind die Details von entscheidender Bedeutung. So sorgt ein per Boten überbrachtes oder eingeworfenes Kündigungsschreiben für Sicherheit. Damit steht ein Zeuge bereit, falls der oder die Gekündigte den Zugang der Kündigung bestreiten. Das ist nur einer der neuralgischen Punkte. Weitere Beispiele sind von nicht vertretungsberechtigten Personen unterschriebene Kündigungen, eine eingescannte und damit nicht eigenhändig ausgeführte Unterschrift oder die fehlende Anhörung des Betriebsrats. Das alles macht ein Kündigungsschreiben unwirksam. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt diese Probleme und gibt rechtzeitig entsprechende Hinweise.
Gerade in Fällen, in denen die Trennung vom Arbeitnehmer voraussichtlich auf Widerstand stößt, ist die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht juristisch wie betriebswirtschaftlich sinnvoll. Das gilt ganz besonders bei einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung. Das Kostenrisiko einer misslungenen Kündigung ist einfach zu groß. Kommen dazu noch Sonderkündigungsschutz wie eine Schwangerschaft, ist eine Kündigung ohne anwaltlichen Rat geradezu fahrlässig.
Die Fachanwaltskanzlei Dr. Meides Rechtsanwälte hat langjährige Erfahrung in der fachkundigen Begleitung von Kündigungen. Dabei helfen wir nicht nur mit profundem arbeitsrechtlichem Rat. Wir geben auch praktische Tipps und Hinweise zur erfolgreichen Abwicklung der Trennung. Sie erreichen unsere Kanzlei durch eine E-Mail an Dr. MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.
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