Kündigung, gleichzeitig Krankmeldung? Dann gehört die Lohnfortzahlung auf den Prüfstand
Wenn der Mitarbeiter kündigt und die Krankmeldung hinterherschiebt, riskiert er seine Lohnfortzahlung
Ein Arbeitnehmer, der seinen Job kündigt und sich dann gleich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist krankmeldet, denkt vielleicht, dass Maximum für sich herausgeholt zu haben: er kann zuhause bleiben, der Arbeitgeber zahlt für die restlichen Wochen sein Gehalt fort. Doch das ist nicht der Stand des Arbeitsrechts.
Für Arbeitgeber gibt es keinen Grund, zu diesem bösen Spiel gute Miene zu machen. Im Regelfall können sie vielmehr die Lohnfortzahlung verweigern.
Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu solchen Fällen ist klar: Durch das Zusammenfallen von Eigenkündigung und Krankschreibung ist der „Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert“, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) es formuliert hat. Und das bedeutet: der Arbeitgeber muss die ärztliche Kranschreibung nicht einfach blind akzeptieren. Er kann vom Arbeitnehmer weitere Beweise dafür verlangen, dass dieser wirklich krank ist, etwa die Zeugenaussage des behandelnden Arztes.
„Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers“
Grundsätzlich reicht die ärztliche Krankschreibung als Beleg für die Arbeitsunfähigkeit, so dass Beschäftigte vom Arbeitgeber auf dieser Grundlage die Fortzahlung ihres Lohns oder ihres Gehalts beanspruchen können. Das ärztliche Attest hat einen hohen Beweiswert. Doch der ist nicht unendlich.
In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung „erschüttern“, wie das BAG es ausdrückt. Dafür muss er begründen, warum ernsthafte Zweifel bestehen. Einige Beispiele nennt das Sozialgesetzbuch (§ 275 Abs. 1a SGB V): wenn Mitarbeiter „auffällig häufig“ oder „auffällig häufig nur für kurze Dauer“ krank werden, oder häufig nur „am Beginn oder am Ende einer Woche“. Auch wenn der krankschreibende Arzt durch häufige Krankschreibungen „auffällig geworden ist“, sieht das Gesetz Anlass für Zweifel.
Als ebenso zweifelhaft ordnete das Bundesarbeitsgericht das „passgenaue Abdecken“ der Kündigungsfrist durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. In dem Fall hatte die kaufmännische Angestellte einer Zeitarbeitsfirma gleichzeitig eine Kündigung und eine Krankschreibung für die verbleibenden zwei Wochen eingereicht. Das Unternehmen verweigerte ihr für diese Zeit die Lohnfortzahlung. Zurecht, wie die Richter befanden. Die Frau hätte den Zweifeln an ihrer Erkrankung durch die konkrete Schilderung ihrer Krankheit entgegentreten können, gestützt durch die Aussage ihres Arztes. Das tat sie jedoch nicht.
Zweifel bestehen auch, wenn die Kündigungsfrist durch mehrere Krankschreibungen abgedeckt wird
Arbeitgeber können auch dann ernsthafte Zweifel an einer vom Arzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeit anmelden, wenn die Zeit von der Eigenkündigung bis zum Ende des Arbeitsvertrags durch mehrere aufeinanderfolgende Krankmeldungen abgedeckt wird. Das entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein. Eine Pflegehelferin hatte mit einer Kündigungsfrist von sechs Wochen gekündigt. Aus dem Wortlaut der Kündigung war bereits ersichtlich, dass sie nicht mehr davon ausging, noch einmal an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Für die verbleibenden sechs Wochen reichte sie insgesamt fünf aufeinanderfolgende Krankschreibungen ein.
Auch in diesem Fall verweigerte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung und bekam vor Gericht recht. Die Krankenpflegehelferin hatte vor Gericht Unwohlsein, Unruhezustände und starke Magenschmerzen angegeben, psychisch bedingt aufgrund „extrem hoher Arbeitsanforderungen“ und „harschem Umgang“. Ihr Arzt sagte dagegen als Zeuge aus, dass er sie als „in der Pflege tätige Person“ schon wegen des Ansteckungsrisikos aufgrund des vermuteten Infekts krankgeschrieben hatte, ohne dass eine Untersuchung stattfand.
Verdächtige Krankschreibung? Gegenwehr des Arbeitgebers kann sich lohnen
Die beiden Gerichtsentscheidungen ändern nichts am hohen Stellenwert, den ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben. Aber sie zeigen: solche Krankschreibungen sind nicht unangreifbar.
Kann der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an der Krankheit des angeblich arbeitsunfähigen Mitarbeiters vorbringen, ist die Lage eine andere: In diese Fall muss der Betreffende nachweisen, dass er tatsächlich nicht arbeiten konnte. Nur dann hat er Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Dazu muss er seine Beschwerden genau schildern und den behandelnden Arzt oder die Ärztin von der Schweigepflicht entbinden. Angesichts dieser Anforderung brechen windige Krankmeldungen, gerade auch parallel zur Kündigungsfrist, regelmäßig in sich zusammen. Das spart dem Arbeitgeber Geld, das er zum Beispiel in die Personalsuche investieren kann.
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