Entrostung und Eisenschutzarbeiten: selbst an Schiffen eine „bauliche Tätigkeit“?
Baulich oder nicht: SOKA-Bau-Beitragspflicht für Eisenschutzarbeiten
Betriebe, die in erster Linie Eisenschutzarbeiten durchführen, etwa Rostentfernung, Schutzanstriche und Beschichtungen, müssen mit Beitragsansprüchen der SOKA-Bau rechnen. Beitragspflicht droht selbst dann, wenn die Arbeiten nicht an Bauwerken durchgeführt werden, sondern beispielsweise an Schiffen, Eisenbahnwaggons, Maschinen oder ähnlichem mehr.
Das ist die Konsequenz aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Es bedeutet allerdings nicht, dass jedes mit Eisenschutz befasste Unternehmen der SOKA automatisch Beiträge bezahlen muss. Deren Beitragsanspruch hängt davon ab, in welcher Art gearbeitet wird.
Die tarifliche Sozialkasse der Bauwirtschaft und der VTV
Viele Bauunternehmen müssen damit leben, dass sie für jeden ihrer Mitarbeiter Beiträge zur tariflichen Sozialkasse der Bauwirtschaft (SOKA-Bau) überweisen müssen. Wohlgemerkt: Diese Beiträge, die allein Arbeitgebersache sind, kommen zu den gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträgen hinzu. Sie dienen zur Finanzierung einer tariflichen Urlaubskasse, Berufsbildung und einer zusätzlichen Altersvorsorge.
Grundlage der Beitragsansprüche ist der Verfahrenstarifvertrag (VTV) über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Er wird regelmäßig vom Bundesarbeitsminister für allgemeingültig erklärt und gilt deshalb auch für ansonsten nicht tarifgebundene Arbeitgeber. Ob ein Betrieb den VTV beachten und Beiträge an die SOKA-Bau zahlen muss, hängt davon ab, ob dort bestimmte Arbeiten „arbeitszeitlich überwiegend“ ausgeführt werden: Der Tarifvertrag zählt eine lange Liste baulicher Tätigkeiten auf. So nennt er bei der Festlegung des Geltungsbereichs auch Betriebe, in denen „Bauten- und Eisenschutzarbeiten“ durchgeführt werden.
Bundesarbeitsgericht: Eisenschutzarbeiten sind nicht nur an Bauwerken beitragspflichtig
Die im VTV genannten Eisenschutzarbeiten sorgten lange Zeit für große Diskussionen: Gilt die SOKA-Beitragspflicht damit nicht nur dann, wenn diese Arbeiten an Bauwerken ausgeführt werden, etwa zum Rostschutz von Brückenkonstruktionen?
Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht vor kurzem verneint. Aus dem Tarifvertrag ergab sich für die Erfurter Richter keine Einschränkung nur auf bauliche Eisenschutzarbeiten. In dem konkreten Fall hatte die SOKA-Bau ein Bremerhavener Unternehmen verklagt, das sich auf Korrosionsschutz, Hochdruckreinigen sowie Schleif-, Konservierungs- und Beschichtungsarbeiten spezialisiert hatte. Zu einem kleineren Teil wurden die Arbeiten an festen Einrichtungen aus Stahl wie Spundwänden oder Schleusen durchgeführt, zum größeren Teil an Schiffen und Pontons. Auch das Reinigen von Schiffsrümpfen von Bewuchs und altem Antifouling gehörte zum Angebot.
Deshalb, so das Unternehmen vor Gericht, fehle es an dem „Bezug zu einem Bauwerk“, den der VTV voraussetze. Doch das BAG war in diesem Punkt anderer Ansicht. Es sah keinen notwendigen Bauwerksbezug und schrieb: „Eisenschutzarbeiten an und auf Schiffen sowie Pontons [können] dem betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes unterfallen“.
Industriell oder nicht – das ist nun die entscheidende Frage
Mit dieser Einschätzung öffnet das BAG grundsätzlich die Tore für SOKA-Beitragsansprüche gegen Betriebe, die Korrosionsschutz nicht nur für Schiffen anbieten, sondern beispielsweise auch an Kränen, Eisenbahnwaggons, Maschinen oder Industrieausstattungen. Trotzdem gibt es noch eine Abwehrmöglichkeit: Der Hinweis auf eine handwerkliche Arbeitsweise, in Abgrenzung zur industriellen Tätigkeitsform.
Denn auch in diesem Punkt bezog das Bundesarbeitsgericht deutlich Position: Von Unternehmen, die Metallschutz handwerklich betreiben, hat die SOKA-Bau nichts zu fordern. Sie kann sich nur an industriell arbeitende Betriebe wenden. Für handwerkliche Betriebe kann dagegen die Malerkasse zuständig sein. Da nicht klar war, ob der Bremerhavener Betrieb so gesehen unter Industrie oder unter Handwerk fiel, verwies das BAG den vorliegenden Fall zurück ans Landesarbeitsgericht.
Klären: Handwerklich oder industriell? Sozialkassenbeitragspflicht oder nicht?
Eindeutige, allgemeingültige Kriterien für eine industrielle bzw. handwerkliche Arbeitsweise gibt es nicht. Entscheidend ist die Einzelfallbeurteilung. In einem ähnlich gelagerten Fall sah das BAG in einer Zahl von über zweihundert Arbeitnehmern eher einen Beleg für industrielle Arbeitsweisen, in einer Eintragung bei der Handwerkskammer jedoch ein Gegenargument.
Natürlich hängt die Beitragspflicht zur SOKA-Bau oder auch zur Malerkasse daneben von vielen weiteren Faktoren ab. Wichtig sind zum Beispiel die exakte Einordnung und der zeitliche Umfang aller im Betrieb anfallenden Arbeiten.
Technische Dämm- und Isolierarbeiten
Ein weiterer Tätigkeitsbereich, in dem Arbeiten nicht an Bauwerken stattfinden müssen, um SOKA-pflichtig zu sein, sind technische Dämm- und Isolierarbeiten. Der VTV schließt „Dämm- (Isolier-) Arbeiten an und auf Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen“ sogar ausdrücklich mit ein. Betroffene Betriebe sollten sich beraten lassen, bevor sich die SOKA-Bau mit Beitragsforderungen meldet.
Und in Ihrem Fall?
Wie die Rechtslage in Ihrem konkreten Fall aussieht, kann Rechtsanwalt Dr. Meides für Sie klären. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht befasst er sich seit Jahrzehnten mit Beitragsklagen und anderen Rechtsstreitigkeiten rund um die tariflichen Sozialkassen. Sie erreichen die MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft unter MEIDES Rechtsanwälte Frankfurt.
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