Ist hydraulische Gebäudehebung und Pfahlgründung SOKA-pflichtig?
Für Laien ist es meist überraschend, wie sich mit hydraulischer Hebetechnik Gebäudeteile oder ganze Häuser anheben, horizontal ausrichten oder auch verschieben lassen (hydraulische Gebäudehebung), ohne dass die Gebäude auch nur geräumt werden müssen. Die SOKA-Bau war allerdings nicht aus diesem Grund an einem Spezialunternehmen aus dem Ruhrgebiet interessiert, das solche Hebearbeiten an Bauwerken durchführt. Der tariflichen Sozialkasse der Bauwirtschaft ging es um Beitragsforderungen.
Millimeterarbeit: Hydraulische Gebäudehebung auf Presspfählen
Mithilfe hydraulischer Hebung lassen sich niedrige Dach- oder Kellergeschosse nachträglich auf ein bewohnbares Maß erhöhen. Häuser, die durch Absenkungen des Untergrunds in Schieflage geraten sind, können horizontal ausgerichtet werden. Durch nachträgliche, hydraulisch verpresste Pfahlgründung kann ein Bauwerk stabilisiert werden, indem die Last in tiefere Bodenschichten abgetragen wird. Außerdem können Gebäude, die im Grundwasser stehen, durch das Anheben dauerhaft vor feuchten Wänden geschützt werden.
Typischerweise werden zunächst Presspfähle durch die Bodenplatte hindurch als Hubstützen in den Boden gepresst und darauf die Hydraulikzylinder aufmontiert. Danach wird das Gebäude samt Bodenplatte angehoben und der entstehende Hohlraum mit Beton verfüllt. Wird nur ein Teil des Gebäudes angehoben, etwa der Teil über dem Keller, wird ein horizontaler Trennschnitt durchgeführt und die entstehende Lücke aufgemauert. Soll nur der Dachstuhl angehoben werden, wird das Hebewerk unter den Dachpfetten montiert.
Wichtig ist, dass die hydraulische Anhebung absolut gleichmäßig erfolgt, um Risse oder Brüche zu vermeiden. Dafür sorgt bei moderner Gebäudehebe-Technik eine millimetergenaue Computersteuerung der einzelnen Hebeeinheiten. Das Gebäude kann in der Regel während der Hebung weiter genutzt beziehungsweise bewohnt werden.
Ist das Anheben von Häusern eine bauliche Leistung?
Die SOKA-Bau forderte von dem Dienstleister für hydraulische Gebäudehebung insgesamt rund 15.000 Euro für weniger als zwei Jahre. Der Betrieb verweigerte die Beitragszahlung. Er berief sich darauf, dass er mit seinen eigenen Arbeitskräften nur die Hebung und damit eine logistische Leistung ausführen würde. Für allen anderen anfallenden Arbeiten, wurden Subunternehmer beauftragt: etwa für die Fundamentarbeiten zum Setzen der Einpresspfähle, für das Aufmauern der neu gewonnenen Höhe oder für die Ausschachtungsarbeiten vor der Hebung.
Ein weiteres Argument des Betriebs: Da er nur etwa sechs Hebungen pro Jahr durchführe, seien die eigenen Arbeitnehmer zu mehr als der Hälfte der Gesamtarbeitszeit mit der Wartung und Reparatur der Maschinen und Werkzeuge beschäftigt. Hintergrund: Eine SOKA-Beitragspflicht setzt voraus, dass beitragspflichtige Arbeiten mehr als die Hälfte der betrieblichen Gesamtarbeitszeit umfassen.
Das Landesarbeitsgericht sieht die Hebung als baulich
Vor Gericht brachte all das wenig. Schon das Arbeitsgericht Wiesbaden als erste Instanz hielt die Beitragsforderungen der Sozialkasse für berechtigt. In der Berufung zum hessischen Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main hatte das Unternehmen mit seinem Standpunkt ebenfalls keinen Erfolg.
Dass die Hebung selbst nicht baulich sei, weil dabei die Bausubstanz nicht verändert würde, überzeugte die Richter nicht. Sie verwiesen darauf, dass dies bereits durch die Horizontalschnitte und die Arbeiten am Fundament im Rahmen der Vorbereitung für das Anheben geschehen sei.
Die Gebäudehebung ermögliche dem Bauherrn Sanierungen und Umbau ohne vorhergehende Abbrucharbeiten. Oder wie die Richter es ausdrückten: „Der Beklagte tritt – vereinfacht ausgedrückt – an die Stelle eines Abbruchunternehmens.“ Deshalb werteten sie die Arbeit als baulich, auch wenn sie EDV-gesteuert mit hydraulischen Hebezeugen erfolgte.
Die Beauftragung der Subunternehmen für klar bauliche Tätigkeiten wie das Ausschachten und das Verfüllen von Hohlräumen mit Beton musste der Betrieb sich ebenfalls zurechnen lassen. Außerdem wurden die Wartungsarbeiten an der Hebetechnik nicht als gesonderte Tätigkeit zur Auftragsausführung gewertet, da es dabei nur um die Funktionsfähigkeit der Geräte ginge.
Beitragsforderungen der Sozialkasse? Rechtslage genau ausloten
Es ist nicht wirklich überraschend, dass die SOKA-Bau diesen Fall gewonnen hat. Dass die Arbeit von Subunternehmen dem Auftraggeber zugerechnet wird, ist keineswegs neu. Das gilt auch für die Ausführungen zur Baulichkeit. Schon drei Jahr zuvor hatte das gleiche Gericht im Streit um Beiträge für einen anderen Zeitraum genauso entschieden. Das von der SOKA-Bau auf Beitragszahlung verklagte Unternehmen war auch damals mit seiner Argumentation gescheitert.
Ganz falsch wäre aber der Schluss, dass man gegen Forderungen der Sozialkasse vor Gericht nichts ausrichten kann. Schließlich berichtet auch dieses Kanzlei-Blog laufend über Gegenbeispiele. Entscheidend ist, dass man die Rechtslage gezielt analysiert, bevor man sich auf eine gerichtliche Auseinandersetzung einlässt.
Wie stehen Ihre Aussichten gegen die SOKA-Bau? Dr. Meides weiß die Antwort
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Experte in tariflichen Sozialkassenstreitigkeiten. Er kann Sie auf Grundlage seiner jahrelangen Erfahrung in Sozialkassenverfahren kompetent beraten. Von ihm erfahren Sie, ob sich juristische Gegenwehr gegen die SOKA-Bau in Ihrem Fall lohnt. In manchen Fällen lässt sich die Beitragspflicht übrigens auch durch eine günstige Gestaltung der Unternehmensorganisation vermeiden oder verringern. Sie erreichen Fachanwalt Dr. Meides unter MEIDES Rechtsanwälte, Frankfurt.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto stammt von Wikimedia.org © Ralf Engel (ERKA Pfahl GmbH), Hausverschiebung mit ERKA-Pfählen in Bad Oeynhausen, CC BY-SA 4.0. Herzlichen Dank!