Fliesenverlegung säurefester Fliesen: sozialkassenpflichtig oder SOKA-frei?
Fliesenverlegung Säurebau oder SOKA-Pflicht?
Über 200.000 Euro: So viel forderte die SOKA-Bau, die Sozialkasse der Bauwirtschaft, von einem Betrieb in Niedersachen an Beitragsnachzahlungen.
Der Inhaber des – mittlerweile eingestellten – Betriebs berief sich jedoch auf eine Ausnahmeregelung: Sein Betrieb hatte nämlich im großen Stil säurefeste Fliesen verlegt. Im VTV, wird die Säurebauindustrie von der Beitragspflicht ausgenommen. (VTV steht für den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, er regelt Beitragsansprüche der SOKA-Bau.)
Säurefeste Fliesen
Der Inhaber des Personenunternehmens verlegte mit zehn Arbeitnehmern spezielle, säurefeste Böden zum Beispiel in Supermärkten und Brauereien, vorwiegend als Subunternehmer für ein Unternehmen aus den USA. Dabei wurden zunächst die Wand- und Bodenflächen abgedichtet, dann wurde Bettungsmörtel aufgetragen und auf diesen einen Haftgrund aus einer Epoxidharz-Quarzsandmischung aufgebracht. Schließlich wurden Feinsteinzeug- oder Klinkerfliesen verlegt. Verfugt wurden die Fliesen mit einer ebenfalls säurebeständigen Epoxidharz-Fugenmasse.
Feinsteinzeug ist ein keramisches Material, Klinker besteht wie Ziegelstein aus Ton oder Lehm. Beides wird bei besonders hohen Temperaturen gebrannt, so dass eine gesinterte, sehr widerstandsfähige Oberfläche entsteht. Feinsteinzeug- und Klinkerfliesen sind mechanisch beanspruchbar, nehmen kaum Wasser auf und sind recht unempfindlich gegenüber säurehaltigen Reinigungsmitteln und ähnlichen Chemikalien.
Ein Verfahren bis zum Bundesarbeitsgericht
Nachdem der Streit um die die SOKA-Ansprüche zunächst das Arbeitsgericht Wiesbaden (am Sitz der SOKA-Bau) und das Landesarbeitsgericht Hessen in Frankfurt am Main beschäftigt hatte, erreichte das Verfahren schließlich das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Die Richter dort verwarfen die Revision des Betriebsinhabers gegen die Entscheidung des LAG, das im Sinne der Sozialkasse entschieden hatte.
Fliesenverlegung und Säureschutzbau
Die Richter hielten generell fest, dass Fliesenlege-Arbeiten grundsätzlich unter den VTV fallen und damit beitragspflichtig sind. Welche Form und Größe die verlegten Fliesen, Platten oder Mosaiken haben, ist dafür ebenso ohne Belang wie mögliche besondere Eigenschaften, etwa Hitze- oder Frostbeständigkeit, Oberflächenstruktur, Säurefestigkeit, Rutschsicherheit oder Glasierung.
Allerdings überschneiden sich die Tätigkeitsbereiche von Fliesenlegerhandwerk und Säurebau. Zum Säurebau gehören Bauarbeiten an Anlagen zur Produktion, Aufbewahrung oder Beseitigung von Chemikalien. Auch der Säureschutz von tragenden Konstruktionen durch besondere, chemisch widerstandsfähige Oberflächen zählt zum Säurebau.
Säurebau – aber keine Säurebauindustrie
Das Argument, dass der Betrieb zur Säurebauindustrie gehört habe und deshalb von der SOKA-Pflicht ausgenommen sei, überzeugte jedoch weder die Richter am Landesarbeitsgericht noch am Bundesarbeitsgericht. Die Ausnahme vom Sozialkassenverfahren gilt nämlich nur für industriell betriebenen Säurebau.
Die Fliesenverlegung durch den Betrieb sei jedoch nicht maschinell erfolgt. Außerdem sprach nach Ansicht der Richter die Größe des Betriebs für einen Handwerksbetrieb statt für einen Industriebetrieb, und das sowohl vom Inventar wie von der Zahl der Arbeitnehmer her.
Argumente gegen die SOKA-Pflicht gesucht?
Man erlebt es immer wieder: Bestimmte Argumente, die gegen die Pflicht zur Zahlung von Sozialkassenbeiträgen sprechen, überzeugen den Laien (man könnte sagen: den normalen Menschenverstand) auf Anhieb. Vor Gericht bringen sie einen jedoch nicht weiter. Im Sozialkassenrecht entscheiden die juristischen Details des Einzelfalls.
Rechtsanwalt Dr. Meides ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und hat zahlreiche Unternehmen in Auseinandersetzungen mit der SOKA-Bau beraten und vertreten. Er weiß, welche Argumente gegen die SOKA-Beitragspflicht wirklich stichhaltig sind, und ob sie in Ihrem Fall greifen. Sie erreichen ihn unter eMail MEIDES Rechtsanwälte.
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