Ob, wie und wann können Kündigungsgründe nachgeschoben werden
Gerade bei den fristlosen Kündigungen schwebt die 2 Wochen Frist des § 626 Abs. 2 BGB stets wie ein Damoklesschwert über dem kündigenden Arbeitgeber. Sobald er Kenntnis von dem Umstand hat, der die Kündigung rechtfertigen soll, bleiben ihm nämlich nur zwei Wochen um die fristlose Kündigung auszusprechen.
Was passiert aber mit Gründen, die zum Zeitpunkt der Kündigung zwar vorlagen, dem kündigenden Arbeitgeber jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren? Können diese Gründe in einem Prozess noch nachgeschoben werden?
Grundsätzlich: Ja! Der Arbeitgeber kann sich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage auf Kündigungsgründe berufen, die er vorher noch nicht angegeben hat. Dieses sog. Nachschieben ist grundsätzlich zulässig. Allerdings müssen auch die im Prozess nachgeschobenen Gründe bereits bei Abgabe der Kündigungserklärung vorgelegen haben, mögen sie auch nicht der eigentliche Anlass der Kündigung gewesen sein.
Sind dagegen die Kündigungsgründe später eingetreten, können sie nur eine neue Kündigung rechtfertigen oder zur Begründung eines Antrags auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG verwertet werden.
Achtung! Anders ist es, wenn ein Betriebsrat besteht
Abweichend von den vorstehend geschilderten Grundsätzen können in Betrieben mit Betriebsrat keine Kündigungsgründe erfolgreich nachgeschoben werden, zu denen der Betriebsrat zuvor nicht gemäß § 102 BetrVG gehört worden ist. Deshalb muss im Allgemeinen bei Bekanntwerden neuer Kündigungsgründe nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats erneut gekündigt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Betriebsrat der Kündigung bereits aufgrund der ihm mitgeteilten Gründe zugestimmt hat.
Andererseits ist die Kündigung nicht deshalb nichtig, weil der Arbeitgeber die Kündigungsgründe nachschiebt; die Überprüfung im Prozess beschränkt sich auf die dem Betriebsrat im Anhörungsverfahren mitgeteilten Gründe.
Das in diesem Artikel verwendete Foto stammt von Alex Guibord.