Immobilie mit eigenen Arbeitskräften renoviert: SOKA-Beiträge ja, Winterbeschäftigungsumlage nein
Renovierungsbedürftiges Schloss gekauft und mit eigenen Arbeitskräften renoviert
Ein Ehepaar kauft ein wunderschön gelegenes, denkmalgeschütztes Schloss samt zugehörigem Gutshof im Süden Brandenburgs. Die Gebäude sind baufällig. Die neuen Eigentümer setzen die gesamte Anlage nach und nach in Stand, leben selbst dort, bieten das Schloss als repräsentativen Veranstaltungsort mit Übernachtungsmöglichkeiten an und planen zudem einen Reitbetrieb samt Stallungen.
In dem Schloss finden Hochzeiten statt, Fotoshootings und Dreharbeiten zu internationalen Filmen. Das Eigentümerpaar ruft Fördermittel in siebenstelliger Höhe ab und treibt parallel die Renovierungstätigkeiten voran. Dafür stellen sie fünf eigene Arbeitskräfte ein: zwei Maurer, einen Zimmerer und zwei Bauhelfer.
Winterbeschäftigungsumlage und Beiträge zur SOKA-Bau, weil gewerblicher Baubetrieb
Daraufhin zog die Arbeitsagentur die Schlossherren als Arbeitgeber zur Winterbeschäftigungsumlage für die Arbeitskräfte heran, die SOKA-Bau forderte Sozialkassenbeiträge. Die Eigentümer wehrten sich in mehreren Gerichtsverfahren. Vor dem Sozialgericht Potsdam und dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ging es um die Frage der Winterbeschäftigungsumlage. Die Beitragsforderungen der Sozialkasse wurden vor dem Arbeitsgericht Berlin und dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg verhandelt.
Betrieb des Baugewerbes? Die Eigentümer der Schlossanlage erbrachten mit zunächst fünf, später dann vier Mitarbeitern zwar unstreitig keine Bauleistungen für Dritte. Die Arbeitnehmer waren mit Renovierungs- und Ausbauarbeiten am eigenen Immobilienvermögen befasst und bildeten damit einen Baubetrieb. Bei sämtlichen Verfahren stand die Frage im Mittelpunkt, ob dieser ein gewerblicher Baubetrieb war oder nicht.
Am Ende wurden die Ansprüche der SOKA-Bau durch Gerichtsurteil bekräftigt, die der Arbeitsagentur zurückgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht: Betrieb des Baugewerbes, gewerblich und SOKA-pflichtig
Gewerblichkeit ist eine Voraussetzung der SOKA-Beitragspflicht. Privatleute, aber auch Freiberufler, Landwirte und Behörden müssen keine SOKA-Beiträge bezahlen, selbst wenn sie von eigenen Arbeitskräften Bauarbeiten ausführen lassen – Gewerbebetriebe jedoch sehr wohl. Dabei gilt der Gewerbebegriff aus dem staatlichen Gewerberecht.
Bau- und Renovierungsarbeiten an einem eigenen Gebäude sind im Grundsatz zwar nicht gewerblich. Wenn die Verwaltung der Immobilie allerdings eine „berufsmäßige Tätigkeit“ erfordert, ist das anders – und so war es in diesem Fall. Die Richter verwiesen auf das Nutzungskonzept für das Schloss, das die Besitzer erstellt und auch zur Beantragung von Fördermitteln eingesetzt hatten, auf die Gewerbeanmeldung sowie auf Presseartikel, eine Buchungs-Website und Werbematerial, die das Schloss als Event Location präsentierten.
Das Landessozialgericht: nicht auf dem Baumarkt aktiv, nicht gewerblich
Für die Sozialgerichte war dagegen die sozialrechtliche Definition von einem „Betrieb des Baugewerbes“ (§ 101 Abs. 2 SGB III) und gemäß Baubetriebe-Verordnung (BaubetrV) ausschlaggebend. Ein solcher Betrieb sah das Landessozialgericht nicht, und damit auch keine Pflicht zum Bezahlen der Winterbeschäftigungsumlage.
Die sozialrechtliche Definition legt fest, dass ein Betrieb des Baugewerbes „gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Baumarkt“ erbringt. Für externe Auftraggeber boten die Schlossbesitzer die Leistungen ihrer Arbeitskräfte jedoch nicht an. Diese wurden ja nur für Zwecke des eigenen Unternehmens eingesetzt.
Vermietung und Verpachtung eigener Immobilien
Wenn Immobilienbesitzer eigene Arbeitskräfte zur Renovierung, zum Ausbau oder zur Instandhaltung ihrer Gebäude einsetzen, kann schneller als gedacht ein Baubetrieb entstehen. Ausschlaggebend ist die Nutzung der Räume und Gebäude, an denen gearbeitet wird. Gefahr besteht beispielsweise dann, wenn kein Eigenbedarf besteht, sondern die Räume wie in diesem Beispiel als kommerzieller Veranstaltungsort mit Übernachtungsmöglichkeit genutzt werden sollen.
Unter Umständen liegt sogar ein „Betrieb des Baugewerbes“ im Sinne des Sozialrechts vor. Deshalb ist Eigentümern in solchen Fällen eine frühzeitige Rechtsberatung zu empfehlen. Besteht Beitragspflicht zur Sozialkasse Bau? Wird Winterbeschäftigungsumlage fällig? Was sind die steuerlichen Folgen? Diese Fragen sollte man nicht erst stellen, wenn ein Bescheid ins Haus flattert.
Die Antwort hängt von ganz unterschiedlichen Kriterien ab – und stets vom konkreten Einzelfall. Neben verschiedenen Gewerbebegriffen spielen das Auftreten nach außen eine Rolle, die Frage, ob man neben Vermietung und Verpachtung noch weitere geschäftliche Aktivitäten entfaltet und ob die Verwaltung des Immobilienvermögens berufsmäßig erfolgt. Auch die Rechtsform und vertragliche Gestaltungen sind wichtig.
Was das für Ihren konkreten Fall bedeutet, kann IhnenRechtsanwalt und Fachanwalt Dr. Meides sagen. Sie erreichen Rechtsanwalt Dr. Meides unter eMail MEIDES Rechtsanwälte.
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