Muss man für das Aufbringen von Parkplatzmarkierungen Beiträge zur SOKA-Bau bezahlen?
SOKA-Beitragspflicht wegen Bodenmarkierungen?
Ein kleines Unternehmen für Boden-, Fahrbahn- und Parkplatzmarkierungen soll Beiträge an die Sozialkasse des Baugewerbes (SOKA-Bau) bezahlen. Es wehrt sich dagegen. Der Fall geht bis ans Bundesarbeitsgericht, und wirft ein Schlaglicht auf die Fragestellungen, die in einem solchen Fall vor dem Arbeitsgericht relevant werden.
Markierungsarbeiten auf Parkplätze, in Parkhäusern und Werkshallen
Seit 1993 bringt der Betrieb mit sechs Arbeitnehmern Markierungen auf dem Asphalt von Parkplätzen, Tiefgaragen und Parkhäusern an: Begrenzungsstreifen zwischen den Parkplätzen, Parkplatznummern, Fahrtrichtungspfeile, Stopp-Linien, Markierungen für Frauen- oder Behindertenparkplätze, Fluchtwege und ähnliches mehr. Er erledigt auch verwandte Arbeiten wie das Aufbringen von Linien auf Sportplätzen und Bodenmarkierungen in Werkshallen. Für die „Markings“ wird der Markierlack oder die Markierfarbe in der Regel von Hand aufgetragen. Für die Linien, Ziffern und Buchstaben werden Schablonen benutzt.
Ein kleiner Teil der Arbeitszeit entfällt auch auf Beschilderungen. Dagegen führt das Unternehmen keine Fahrbahnmarkierungsarbeiten mit fahrenden Markierungsmaschinen auf öffentlichen Straßen aus.
Eintragung in die Handwerkskammer, Beiträge zur Malerkasse
Nach rund 20 Jahren wird das Unternehmen zu Beginn des Jahres 2013 von der Handwerkskammer als Maler- und Lackiererbetrieb in die Handwerksrolle eingetragen. Eine Ausnahmebewilligung stellt fest, dass die Kenntnisse des Geschäftsführers für das Maler- und Lackiererhandwerk ausreichend sind. Mit der Eintragung beginnt der Betrieb, ab 2013 Beiträge an die Malerkasse zu bezahlen, die Sozialkasse des Maler- und Lackiererhandwerks.
Warum gelten Parkplatzmarkierungen als Bauarbeiten?
Das hielt die SOKA-Bau nicht davon ab, für die Jahre zuvor eigene Beitragsforderungen zu stellen: Sie verlangte für die Zeit von 2007 bis 2013 insgesamt über 80.000 Euro an Beitragsnachzahlungen und klagt diese auch vor Gericht ein.
Ihre Begründung: Markierungsarbeiten seien Straßenbauarbeiten, und zwar auch in Fabrikhallen, Parkplätzen und Tiefgaragen. Straßenbauarbeiten würden vom VTV erfasst; das ist der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren in Baugewerbe, der die Beitragspflicht zur SOKA-Bau regelt.
Dass Betriebe des Maler- und Lackiererhandwerks grundsätzlich keine Beiträge zur Sozialkasse des Baugewerbes zahlen müssen (für sie gibt es mit der Malerkasse ja eine eigene Sozialkasse), war für die SOKA-Bau kein Argument. Im Betrieb für Parkplatzmarkierungen seien keine Malermeister oder -Gesellen beschäftigt gewesen. Zudem würden dort die typischen Arbeitsmittel des Maler- und Lackiererhandwerks nicht verwendet.
Wann fällt ein Mischbetrieb unter Straßenbau, und wann unter das Maler-Handwerk?
Das Unternehmen sah sich sehr wohl als Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks, ohne Beitragspflicht zur SOKA-Bau. Der Geschäftsführer sei für dieses Handwerk fachlich qualifiziert, die Arbeit sei klar handwerklich geprägt. Die Schablonen für die einzelnen Markierungen würden individuell hergestellt, die Markierungen vollständig von Hand ausgemessen, und mit Farbrollen, Pinseln und Spritzpistolen aufgetragen.
Zudem sei die Arbeit nicht auf Bodenmarkierungen für Parkplätze und Fahrbahnen beschränkt. Man habe als Sub-Unternehmer für Maler- und Lackiererbetriebe gearbeitet, in Werkstätten und Schulhöfen Markierungen ausgeführt, die nichts mit Straßenbau zu tun hätten, und Arbeiten zur Dekoration und Illustration vorgenommen wie eine auf eine Wand aufgemalte Stadtsilhouette.
Wie beurteilen die Gerichte die SOKA-Bau-Pflicht?
Das Gerichtsverfahren zog sich, durch Berufungsverhandlungen, Klagerücknahmen und erneute Klagen, über mehrere Jahre und mehrere Instanzen hin. Entschieden ist der Streit immer noch nicht – derzeit ist der dritte Prozess zwischen dem Betrieb und der SOKA-Bau beim Bundesarbeitsgericht anhängig.
Die erste Instanz, das Arbeitsgericht Wiesbaden, hatte zugunsten des Betriebs entschieden. Dagegen ging die SOKA-Bau in Berufung. Das Landesarbeitsgericht Hessen gab daraufhin der Sozialkasse recht. Im Betrieb habe kein „handwerksspezifisches Ausbildungsniveau“ geherrscht, deshalb habe es sich nicht um einen Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks gehandelt. Außerdem sei kein Unterschied zu treffen zwischen Markierungsarbeiten in Tiefgaragen und auf öffentlichen Straßen. Markierungsarbeiten auf den Böden von Industriehallen seien ebenfalls eine bauliche Tätigkeit. Der Boden in einer Werks- oder Industriehalle sei ein Bauwerksteil und das Bauwerk erst dann fertiggestellt, wenn die Markierungen aufgetragen seien.
Allerdings zählten die Markierungsarbeiten als sogenannte „Sowohl-als-auch-Arbeiten“ ebenfalls zum Maler- und Lackiererhandwerk. Die Eintragung in die Handwerksrolle reichte dem LAG jedoch für die Zuordnung zum Maler- und Lackiererhandwerk nicht aus.
Fazit: Gerade bei „Sowohl-als-auch“-Fällen lohnt sich die Gegenwehr
Inzwischen hat sich die Rechtslage geändert. Unter anderem hat die SOKA-Bau eine „Verbändevereinbarung“ mit mehreren Handwerksinnungen abgeschlossen: Betriebe, die zu einer Innung der Ausbaugewerke gehören, sind von der SOKA-Pflicht in der Regel ausgenommen. Allerdings fordert die Sozialkasse trotzdem immer wieder einmal Beiträge – so wie im beschriebenen Fall von einem Betrieb, der in der Handwerksrolle eingetragen war und Beiträge zur Malerkasse zahlte.
Gerade in solchen Fällen ist die Gegenwehr vor Gericht aber durchaus sinnvoll und aussichtsreich. Auch dieser Fall ist ja noch nicht entschieden. Es bleibt abzuwarten was die Richter am BAG zu den SOKA-Forderungen meinen.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto „Parkplatzmarkierungen“ stammt von Pixabay © MichaelGaida. Herzlichen Dank!