Schwarzarbeit und SOKA-Bau: Erst kommt der Zoll, dann die Sozialkasse
Ermittlungen wegen Schwarzarbeit machen die SOKA-Bau hellhörig
Angenommen, ein Unternehmen der Bauwirtschaft gerät ins Fadenkreuz der Zollfahnder. Es droht Ärger wegen Mindestlohn-Verstößen. Schwarzarbeit macht die SOKA-Bau genauso hellhörig.
Dann wird die SOKA-Bau sich mit großer Sicherheit bald in die Schlange derer einreihen, die nun Nachzahlungen fordern, zusätzlich zur Rentenversicherung, Krankenkassen und dem Finanzamt. (Ein Bußgeld- oder Strafverfahren droht natürlich auch). Streit gibt es allerdings in solchen Fällen regelmäßig über die Höhe der Nachforderungen.
Ärger wegen Schwarzarbeit: Falsche Stundenzettel, Urlaubsgeld nicht ausbezahlt
So war es beispielsweise bei einem polnischen Unternehmen, das in Deutschland als Subunternehmer Trockenbau- und Putzarbeiten ausführte. Dann kam die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Erst wurden auf den Baustellen die aus Polen entsandten Arbeiter überprüft und befragt, dann das Büro des Unternehmens durchsucht.
Es ergaben sich klare Unregelmäßigkeiten. Laut Stundenzetteln und Abrechnungen hatten die Arbeitnehmer 170 Stunden pro Monat gearbeitet. Das Hauptzollamt errechnete jedoch eine monatliche Arbeitsleistung von mindestens 220 Stunden. Befragte Arbeiter gaben an, von Montag bis Freitag täglich zehn und am Samstag fünf Stunden gearbeitet zu haben. Urlaub gab es gar nicht oder nur teilweise und kein Urlaubsgeld.
Schwarzarbeit und Soka-Bau: Mindestlohn unterschritten
Außerdem wurden die Mindestlohnvorschriften nicht eingehalten, da den Arbeitnehmern nur zwischen drei und fünf Euro pro Stunde ausbezahlt wurden. Das war dann auch der Grund dafür, dass einige der Arbeiter sich an das Zollamt wandten. Das brachte den Stein ins Rollen und rief die Zollbeamten auf den Plan.
Welche Stundenzettel zählen wirklich?
Der Projektleiter des Unternehmens in Deutschland erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren. Das Urteil beruhte auf einer Absprache: Er gab gegenüber dem Zoll zu, dass er vom Geschäftsführer freie Hand bekommen hatte, Meldungen zu fälschen, und dass der Betrieb trotz Urlaubsvergütungen der ULAK den Arbeitnehmern kein Urlaubsgeld bezahlte. (Die ULAK ist die „Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft“ und gehört zu SOKA-Bau.)
Auf dieser Basis stellte die SOKA-Bau ihre Forderungen an das Unternehmen aus Polen: Über 25.000 Euro an Beitragsnachzahlungen, dazu rund 23.000 Euro als Rückzahlung für Urlaubserstattungen, jeweils mit Zinsen. Das Unternehmen verweigerte die Zahlung. Die SOKA-Bau verklagte es.
Urteil zu SOKA-Forderungen
Vor Gericht gab das polnische Unternehmen an, die abgegebenen Monatsmeldungen seien korrekt gewesen. Der Projektleiter habe seine Angaben nur wegen der Aussicht auf ein mildes Urteil gemacht. Sie legte auch Bestätigungen der polnischen Arbeitnehmer über ausgezahltes Urlaubsgeld vor, die allerdings formularhaft und gleichlautend formuliert und außerdem undatiert waren.
Damit konnte das Unternehmen weder vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden noch dem Hessischen Landesarbeitsgericht und auch nicht vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt die Argumente der SOKA-Bau ins Wanken bringen. Alle Instanzen sprachen der SOKA-Bau die von ihr geforderten Nachzahlungen und Rückerstattungen zu. Die ermittelnden Zollbeamten hatten als Zeugen die Aussagen des Projektleiters bestätigt.
Probleme wegen Schwarzarbeit oder Mindestlohn? Dann droht auch Ärger mit der SOKA-Bau
Wie ernst die Sozialkasse das Thema Schwarzarbeit nimmt, zeigt sich daran, dass sie Anfang 2018 eine eigene Meldeplattform ins Netz gestellt hat. Dort ist die Anzeige von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung möglich, auch anonym.
Außerdem gleicht die SOKA-Bau regelmäßig Daten mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, den Zollhauptämtern, der Bundesagentur für Arbeit und den Sozialversicherungsträgern ab.
Im Ergebnis bedeutet das: Wenn ein Arbeitgeber mit dem Vorwurf konfrontiert wird, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer nicht abgeführt, Arbeitskräfte schwarz eingesetzt oder der Mindestlohn nicht bezahlt zu haben, dann wird ihm bald auch die Sozialkasse im Nacken sitzen. Umso wichtiger ist es in solchen Fällen, so schnell wie möglich den Rat des Anwalts zu suchen.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto „VW Zoll“ stammt von Alf van Beem, © wikimedia, VW Zoll, Frankfurt-Hahn Airport, CC0 1.0. Herzlichen Dank!