Beiträge zur Malerkasse für Korrosionsschutzarbeiten?
Die Malerkasse will eine halbe Million Euro
Auf fast eine halbe Million Euro verklagte die Malerkasse ein Unternehmen, das ein Geschäftsmann griechischer Herkunft an der Nordseeküste gegründet hatte. Er beschäftigte rund 450 ungelernte Arbeitskräfte aus Griechenland mit Reinigungsarbeiten sowie mit der Entrostung und Korrosionsschutzarbeiten an Industrieanlagen und Schiffen.
Die Malerkasse war der Auffassung, der Betrieb gehöre zum Maler- und Lackierhandwerk. Für ihn gelte deshalb der “VTV Maler/Lackierer“, d. h. der Tarifvertrag, der das Sozialkassenverfahren im Maler- und Lackiererhandwerk regelt und mit dem die Malerkasse Beitragsansprüche begründet.
Schiff statt Bauwerk? Für die Malerkasse kein Unterschied
Dass das Unternehmen Sandstrahl- und Korrosionsschutzarbeiten an Schiffen und Industrieanlagen durchführt, war für die Malerkasse kein Gegenargument. Das Maler- und Lackiererhandwerk arbeite nicht nur an Bauwerken, auch Arbeiten an Schiffen fielen unter den Tarifvertrag. Der Betrieb selbst sei ein Handwerks- und kein Industriebetrieb. Die Arbeiter des Unternehmens seien wie Facharbeiter einzustufen. Sie hätten Entrostungsarbeiten durch Sandstrahlen, Spritzen und Beschichten durchgeführt. Als Beleg legte die Malerkasse eine Rechnung des Betriebs an eine holländische Werft für „Blasting, Cleaning, Painting Works“ vor.
Von wegen „Facharbeiter“ …
Das Unternehmen selbst stellte die Gegebenheiten ganz anders dar. Es habe vor allem Schiffe gereinigt – Schiffswände, Schiffsrümpfe, Böden, Decks und Tanks, durch Waschen, Saugen und Fegen. Die Arbeiter hatten keine Fachkenntnisse, sie führten beim Sandstrahlen, bei der Entrostung sowie bei Spritz- und Beschichtungsarbeiten nur Hilfstätigkeiten aus. Die qualifizierten Aufgaben übernahmen vielmehr Spezialfirmen für industriellen Oberflächenschutz mit deutschsprachigen Mitarbeitern. Eisenanstriche führte das Unternehmen demnach gar keine aus.
Die erste Instanz verhandelte vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden, am Sitz der Malerkasse. Die Richter gaben dem beklagten Unternehmen recht und monierten, die Malerkasse habe keinen Beweis für die Beitragspflicht erbracht. Daraufhin ging die Malerkasse in Berufung vor das Landesarbeitsgericht Hessen in Frankfurt am Main, auch das entschied gegen sie. Schließlich landete das Verfahren beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
Korrosionsschutzarbeiten nicht handwerklich, sondern industriell: keine Beiträge
Dort erlebte die Malerkasse zum dritten Mal eine Niederlage. Die Tätigkeiten des Betriebs seien nicht handwerklich, sondern industriell, urteilten die Richter. Und damit war das Unternehmen nicht beitragspflichtig. Es war ja nicht im Maler- und Lackiererhandwerk tätig.
Die Richter wiesen zwar darauf hin, dass Korrosionsschutzarbeiten in Form von Entrostungs-, Eisenanstrich- und Oberflächensanierungsarbeiten im Rahmentarifvertrag und der Ausbildungsverordnung des Maler- und Lackierhandwerks erwähnt werden. Der VTV Maler/Lackierer gelte aber nicht für den Betrieb, weil die Rostschutzarbeiten nicht handwerklich geprägt waren, sondern in industrieller Arbeitsweise ausgeführt wurden.
Ein Handwerksbetrieb zeichne sich dadurch aus, dass die Arbeitsergebnisse vom Können und den Fertigkeiten der Arbeitnehmer abhänge. Für einen Industriebetrieb spreche der Umstand, dass die Arbeitnehmer bei den großflächigen Korrosionsschutzarbeiten an den Schiffen nur wiederkehrende, eng begrenzte Teilarbeiten ausgeführt hatten. Deshalb war die Arbeit industriell geprägt, selbst wenn das Sandstrahlen und der Rostschutzanstrich von Hand erfolgten.
Bei der Abgrenzung zwischen Industrie und Handwerk für die Klärung der Beitragspflicht zur Malerkasse sind betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte übrigens ohne Belang. Auch Aspekte wie die Rechtsform zählen nicht. Es geht vielmehr darum, wie viel von der Gesamtarbeitszeit auf handwerkliche und wie viel auf industriell ausgeführte Tätigkeiten entfällt.
Nicht zahlen, ohne die Aussichten auf Gegenwehr prüfen zu lassen
Auch diese Gerichtsentscheidung zeigt: Wenn die Malerkasse Beiträge haben will, sollte der betroffene Betrieb grundsätzlich die Anspruchsgrundlage prüfen lassen.
Wie ihre große Schwester, die SOKA-Bau, ist auch die Malerkasse schnell mit Argumenten bei der Hand, um die eigenen Beitragsforderungen zu begründen. Bei Licht besehen bleibt davon manchmal wenig übrig.
So auch in diesem Fall: Nicht jedes Unternehmen gehört zum Maler- und Lackiererhandwerk, nur weil dort zum Teil Arbeiten ausgeführt werden, die auch in Malerbetrieben und Lackierereien anfallen. Auf Großwerften wird Metall entrostet und mit Rostschutz gestrichen, in Maler- und Lackiererbetrieben ebenfalls – für die Beitragspflicht in der Malerkasse reicht das jedoch nicht.
Das in diesem Beitrag verwendete Foto “Korrosionsschutzarbeiten” stammt von Flickr © „_PS_7350“ (CC BY 2.0) by Jos @ FPS-Groningen. Herzlichen Dank!