Vorsicht bei Kündigung durch Vertreter – Bei der Bevollmächtigung kann einiges schiefgehen
Wenn die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses von einer anderen Person unterschrieben wird, als diejenige, die den Arbeitsvertrag unterschrieben haben, lauern Gefahren, die häufig gar nicht gesehen oder häufiger einfach unterschätzt werden. Der Kreis derer, die berechtigt sind, ein Arbeitsverhältnis zu kündigen ist relativ klein.
Zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt ist jeweils:
- bei der Einzelfirma: der Inhaber darf kündigen.
- bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): nur alle Gesellschafter gemeinsam dürfen kündigen. Sie müssen also alle die Kündigung unterschreiben.
- bei der GmbH: der Geschäftsführer, der Prokurist
- bei der Aktiengesellschaft (AG): sämtliche Mitglieder des Vorstands
- bei der Offene Handelsgesellschaft (OHG): jeder Gesellschafter
- bei der Kommanditgesellschaft (KG): nur die Komplementäre
- UND alle durch Vollmacht des Berechtigten beauftragte Personen
In der Praxis treten Probleme immer dann auf, wenn nicht der Berechtigte selbst, sondern eine von ihm beauftragte und bevollmächtigte Person die Kündigung ausspricht.
Aktuell hatte das LAG Mecklenburg-Vorpommern wieder in einem Fall zu entscheiden, in dem die Bevollmächtigung schiefgegangen ist.
Der FALL: Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Das Kündigungsschreiben war von „x. y., Contact Center Manager“ unterschrieben. Dabei handelt es sich um den Niederlassungsleiter des Betriebes. Der Arbeitsvertrag der Klägerin war durch eine andere Person, den damaligen „Facility Director“ unterschrieben.
Die Klägerin wies die Kündigung gem. § 174 BGB mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurück. Die Vorinstanz gab ihr Recht. Die Klägerin sei nicht in sonstiger Weise über eine etwaige Vollmachtserteilung zum Ausspruch einer Kündigung für den Contact Manager in Kenntnis gesetzt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass im deutschsprachigen Raum mit dem Begriff eines Contact Center Manager urtypischerweise das Kündigungsrecht verbunden sei.
Auch das LAG Mecklenburg-Vorpommern gab der Klägerin Recht.
Der Niederlassungsleiter hat seine Bevollmächtigung gegenüber der Klägerin beim Ausspruch der Kündigung nicht durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde nachgewiesen. Die Klägerin durfte daher das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweisen (§ 174 Satz 1 BGB).
Die Zurückweisung war auch nicht gem. § 174 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Der Vollmachtgeber hat die Klägerin nicht auf andere Weise von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt. Dies kann zwar grundsätzlich auch dadurch geschehen, dass der betreffende Mitarbeiter in eine Stelle berufen wird, mit der das Kündigungsrecht regelmäßig verbunden ist, ohne dass der Arbeitnehmer positive Kenntnis von der damit verbundenen Kündigungsbefugnis haben muss.
Auch kann man davon ausgehen, dass der Leiter einer Niederlassung grundsätzlich zum Ausspruch von Kündigungen als berechtigt anzusehen ist. Dies reicht jedoch im vorliegenden Fall nicht aus, da der Zusatz „Contact Center Manager“ nicht aussagekräftig ist. Aus diesem Zusatz erschließt sich für die Klägerin nicht, dass es sich bei dieser Person um den Niederlassungsleiter handeln muss. Die Beklagte hätte der Klägerin im Arbeitsvertrag oder während des Arbeitsverhältnisses einen Weg aufzeigen müssen, auf dem diese vor Zugang der Kündigung unschwer erfahren kann, welche Person die Position inne hat, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.06.2012, Aktenzeichen: 2 Sa 290/11